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Wie es um Anime-Publisher in Deutschland steht

Der Animemarkt verändert sich praktisch jährlich, warum nicht eine Übersicht über alle Firmen?

Bereits 2018 hatte ich einen Überblick über den damaligen Streamingmarkt in Deutschland gemacht, welcher außerdem einen Vergleich zu Japan bot. 2020 folgte ein weiterer größerer Vergleich der Streaminganbieter. Nachdem dieser zwei Jahre später praktisch obsolet ist, wage ich gemeinsam mit RocketsSnorlax von aniSearch.de zunächst einen Überblick über die Publisher, welche Anime vor allem auf Disc veröffentlichen. Wie sieht es aktuell aus und was darf man eventuell in Zukunft erwarten?

Disclaimer: Jede Information, die hier veröffentlicht wird, ist eine rein persönliche Einschätzung von zwei Personen. Sowohl Anime- als auch Mangapublisher (oder Streaminganbieter) mögen so wenig Interna weitergeben wie möglich. Egal um was es sich handelt.

Anime in Deutschland zu veröffentlichen haben schon viele Firmen im Laufe der Jahre versucht. Insgesamt 35 brachten mehr oder weniger erfolgreich Anime in die deutschen Heimkinos. Während viele gar nicht mehr aktiv sind oder zumindest nur noch hinter den Kulissen Lizenzen besitzen, gehen wir in dieser Übersicht auf die aktuell bekanntesten und relevantesten ein.

Auf dem Anime-Markt in Deutschland noch aktive Firmen

Anime House

Der 2002 in Köln gegründete Publisher gehört zu den ältesten noch aktiven Firmen im deutschen Anime-Markt. 2007 gründete er zudem das Erotik-Label Pink Lemon, das etwa 2013 eingestellt wurde. Zu den aktuell beliebtesten Serien gehören Danmachi und The Devil Is a Part-Timer!, für die der Publisher auch die jüngsten Fortsetzungen lizenziert hat. Desweiteren sind Disc-Veröffentlichungen von Blessing of the Campanella, Cross Ange, Dramatical Murder, 11 Eyes, Gingitsune, Sengoku Night Blood und Meoyo Ken geplant. Ob diese „neuen“ Serien den Geschmack der Fans treffen, wird sich noch zeigen müssen. Und bei drei Titeln wird es ausschließlich die japanische Synchronisation mit deutschen Untertitel geben, auch weil das für eine Synchronisation notwendige Material nicht mehr existiert. Erfreulich: Bei zukünftigen Veröffentlichungen wird auf eine DVD-Version verzichtet; lediglich die Blu-Ray Version steht zum Verkauf. Die öffentlich ausgetragenen Probleme hinter den Kulissen bei einigen Anime-Veröffentlichungen werden Anime House allerdings ewig verfolgen. Aktuell setzt Anime House bei den Verpackungen auf Gesamtausgaben mit zwei Amarays, die gemeinsam in einer dünnen O-Card stecken.

Und was danach kommt? Mal schauen. Der Fokus scheint auf älteren kurzen Serien zu liegen.

AniMoon Publishing

2016 in Potsdam gegründet, konnte sich der Neueinsteiger vor allem durch aggressives Marketing und einige kontrovers diskutierte Lizenzen eine überraschend gute Position am Markt erarbeiten. Auch wenn Fans auf zahlreiche bereits angekündigte Fortsetzungen von Serien warten, gibt es mit Titel wie Full Dive, Golden Time, Infinite Dendogram, Mother of the Goddess Dormitory und Vermeil in Gold genügend Nachschub an neueren Serien.

AniMoon setzt bei seinem Portfolio auf einen Mix zwischen älteren Titeln mit großer Fanbase sowie neuen, kommenden Serien mit reichlich Fanservice, um das aggressive Marketing weiterzuführen. Die Veröffentlichungen sind zumeist Hardcover-Mediabooks mit Sammelschuber.

Filmconfect

Nach der Veröffentlichung von Clannad: Der Film im Jahre 2020 war es sehr still um den Potsdamer Vertrieb. Erst mit Shakugan no Shana, welches 2021 gemeinsam mit dem neuen Publisher emania Anime veröffentlicht wurde, gab es wieder ein Lebenszeichen der 2007 gegründeten Firma. Während man bei Shakugan no Shana schon bei der Veröffentlichung von Staffel 2 ist, steht die dritte Staffel noch in den Sternen. Weitere Anime sind offiziell nicht bekannt. Mit Shakugan no Shana sowie Clannad wollte man auch in den französischen und italienischen Anime-Markt einsteigen, bislang aber mit wenig Erfolg.

Hardball Films

Erst seit Herbst 2021 aktiv, spezialisiert sich Hardball Films im Anime-Bereich momentan auf ältere und bereits auf deutsch vertonte Anime-Serien, von denen es in Japan inzwischen HD-Versionen gibt. Kommende Serien sind aktuell Azumanga Daioh, Chibi Maruko-chan und Kiddy Grade (das auf September verschoben wurde). Ob sich diese Strategie auch langfristig lohnt, lässt sich schwer sagen. Auch wenn man hoffen darf, fast vergessene Perlen in zeitgemäßer Optik endlich im deutschen Raum erleben zu dürfen.

KSM Anime

Die ersten Berührungspunkte mit Anime hatte der Wiesbadener Publisher 2006, als er mit der Veröffentlichung einiger RTL2-Klassiker auf DVD begann. Das heutige Label KSM Anime hingegen wurde erst 2014 gegründet, als dieses mit der Veröffentlichung von Fullmetal Alchemist: Brotherhood begann und damit erstmals selbst Anime für Deutschland lizenzierte. Mittlerweile hat der Vertrieb einige große Animenamen unter seinem Dach, so laufen Digimon, Hunter × Hunter, Naruto, Overlord und Yu-Gi-Oh! unter dem KSM-Label. Für die Zukunft wurden bereits I’m Quitting Heroing, Monster, Nana, Overlord IV, Phantom of the Idol, Pompo: The Cinéphile, Saiyuki Reload: Zeroin, Shikizakura und The Deer King angekündigt.

Was die Zukunft bringt? Vermutlich sehr viel, von neuen Serien über Kinofilme bis hin zu beliebten Klassikern, wobei KSM auch vor längeren Serien nicht zurückschreckt. Zu KSM gehört auch das Streamingangebot Aniverse (über Amazon Prime), zur Firmengruppe Plaion (früher Koch Media) gehören auch zahlreiche Entwickler für Computerspiele und ein italienischer Anime-Publisher. Aniverse versteht sich als Angebot mit deutscher Synchronisation, daneben gibt es allerdings vereinzelt Simulcasts – entweder über Drittanbieter (AniMoon Publishing, Anime House) oder KSM Anime selbst. Aktuell kann man KSM Anime dank der Rückendeckung von Plaion sowie Aniverse als „größten“ Konkurrenten zu Sony’s Machtimperium sehen. Das kann Interessenten anlocken und ermöglicht den Zugang zu vielleicht unmöglichen Lizenzen.

nipponart

Der Onlineshop aus Wölferlingen, Rheinland-Pfalz wurde um das Jahr 2010 selbst zum Anime-Publisher zahlreicher älterer Serien. Dazu kam eine Partnerschaft mit dem belgischen Publisher Dybex. Die beliebtesten Titel von Nipponart sind Hellsing, Highschool of the Dead sowie Spice & Wolf, wobei seit Herbst 2020 keine weiteren neuen Titel dazu kamen. Es sei allerdings noch eine Veröffentlichung von Tsugumomo Staffel 2 (erschienen 2020) geplant. Die Veröffentlichung von Lizenzen wie Akiba’s Trip, Vatican Miracle Examiner, oder dem Servamp-Film stehen in den Sternen und sind somit fraglich.

peppermint Anime

Der 2012 in München gegründete Publisher war der erste deutsche Publisher, der Anime auch im Simulcast über das Videoportal Vimeo anbot. 2016 stieg man auf das eigene VoD-Portal Akiba Pass um und bot neben eigenen Titeln auch Anime von Filmconfect und Universum Anime (heute LEONINE Anime) an. 2018 wurde das Portal geschlossen und zu einem Web- und Eventshop umfunktioniert. Der Name AkibaPass dient heute vor allem als Namensgeber des AkibaPass Festivals, einem seit 2015 (damals noch peppermint Anime Festival) stattfindenden Kinoevent in ganz Deutschland. Animetechnisch machte sich peppermint Anime vor allem durch die Lizenzen von Sword Art Online sowie dem Fate-Franchise einen Namen. Ein weiterer beliebter Titel ist Demon Slayer.

Bei den Verpackungen entscheidet Peppermint von Titel zu Titel, bei Sammlerausgaben ist auch gelegentlich ein Soundtrack dabei. Fast alle Serien erhalten von Peppermint Hardcover-Sammelschuber, die aber nur im eigenen Shop erhältlich sind. Abhängig vom Titel wird inzwischen z. T. auf die Veröffentlichung von DVDs verzichtet.

peppermint Anime besitzt mit dem japanischen Medienunternehmen Aniplex eine sogenannte Unternehmenskooperation (Joint Venture). Dieses ist als Tochter von Sony Music auch Teil der Sony-Gruppe, zu der auch Crunchyroll gehört. Ob der Zusammenschluss vieler anderer Sony-Unternehmen unter der Marke Crunchyroll hier Auswirkungen haben wird, ist laut Nachfrage meinerseits verneint worden. Dementsprechend darf man gespannt sein, was die Zukunft für das Münchner Unternehmen bringt und auf welche Titel zukünftig gesetzt werden können.

Polyband Anime

Polyband selbst war schon in der späten VHS- und frühen DVD-Ära im Anime-Geschäft tätig und hat damals zum Beispiel die Dragon Ball Z-Filme nach Deutschland gebracht. Nach langjähriger Pause ist der Anbieter aus München wieder in den Markt eingestiegen und hat neben großen Teilen des Pokémon-Franchises auch einige eher ungewöhnliche Anime veröffentlicht. Auch hat Polyband als erster deutscher Publisher überhaupt eine Kickstarter-Kampagne für die Veröffentlichung des Anime-Klassikers Future Boy Conan gestartet und erfolgreich beendet. Weitere Titel, die ihren Weg in die heimischen Regale finden werden, sind Freezing und Infinite Stratos. Auch in der Zukunft wird man sich weitestgehend auf ältere Titel mit einigen aktuellen Highlights fokussieren; wenn überhaupt.

LEONINE Anime

Der aus München stammende Publisher konnte sich in der Vergangenheit die Lizenzen für einige ganz große Werke sichern: Your Name, Weathering with You und fast alle Filme des Studio Ghibli wurden unter der Flagge von LEONINE veröffentlicht. Was Anime-Serien angeht, gehört Neon Genesis Evangelion trotz einiger Produktionsfehler zu den Highlights. Der Publisher brachte mit Rainbow außerdem einen Fanfavoriten nach Deutschland, welcher aber dem Ruf nicht gerecht wurde und trotz hoher Produktionswerte floppte. Auch wurde mit Sarazanmai 2019 ein Simulcast-Titel lizenziert, welcher nie einen Home-Release bekam. Was die Verpackungen angeht, so hat Leonine einige der schönsten Sammlerausgaben überhaupt produziert – viele Serien bekommen aber nur einfache Standardausgaben mit Schuber. Mit Violet Evergarden brachte der Vertrieb außerdem einen Anime auf den Markt, welcher bei Netflix der erste Simulcast-Anime überhaupt war. Die nächsten Titel von LEONINE Anime sind The House of the Lost on the Cape, Made in Abyss (Simulcast von Staffel 2 über Pro7 MAXX), Super Cub, Sarazanmai und Happy-Go-Lucky-Days. Und was die Zukunft bringt, ist ungewiss. LEONINE beweist im deutschsprachigen Raum hervorragendes Marketing, allerdings wird man sich auf Film-Highlights konzentrieren.

Crunchyroll Kazé

2006 als Plattform für illegale Inhalte aus dem asiatischen Raum gestartet, ist der US-amerikanische Anbieter seit 2009 ein legaler Anbieter von Anime. Dank Investments großer Unternehmen wie Venrock sowie Firmenzusammenschlüssen mit AT&T und The Chernin Group zu Otter Media wuchs die Bekanntheit und Größe des Unternehmens innerhalb weniger Jahre erheblich. Zwischen dem 100 Millionen Dollar Deal von AT&T und The Chernin Group und dem Erwerb von Sony (2020, 1,2 Milliarden $) lagen 7 Jahre. In dieser Zeit wurden Kazé und Eye See Movie einverleibt. Zur Sony-Gruppe gehören auch die (ehemaligen) Publisher Funimation, Aniplex, Nozomi Entertainment, Manga Entertainment Ltd. (UK, inzwischen in Crunchyroll umbenannt), die Anime-Abteilung von Madman (AU) und die Streaming-Dienste Animax und Wakanim. Und zumindest was Anime-Streaming angeht, ist Crunchyroll wohl auf Kurs zur Weltherrschaft außerhalb Japans, wären da nicht noch Netflix, Disney und AMC Networks (Sentai / HIDIVE) als Konkurrenten. 

Was den deutschen Disc-Markt angeht, ist Crunchyroll durch die Übernahme von Kazé Deutschland auch schon mit Abstand an der Spitze. So gut wie alle großen Titel Japans – von Dragon Ball über One Piece, Detektiv Conan, Ecchi, Action, Comedy, Romance bis hin zu Boys Love werden wohl zukünftig über das Crunchyroll-Label gehen. Dass der Publisher über sein Streaming-Angebot und den eigenen Manga-Verlag den Geschmack vieler Fans analysieren und somit sehr interessant für japanische Firmen sein kann, wird diese Position in Zukunft wohl noch verstärken. Der Fokus im Disc-Markt wird wohl die Etablierung der bereits großen Marken wie Lupin III., One Piece & Co sein, aber auch im Hinblick auf kommende Kracher wie Blue Lock, Chainsaw Man, Kaiju #8, Spy × Family wird nichts über Crunchyroll gehen. Ob in Zukunft zwischen den ganzen großen Titeln, die zum Teil schon fertige Streaming-Synchros besitzen, noch Platz für kleinere Serien bleibt, wird sich zeigen müssen. Der Fokus liegt klar auf den Highlights.

Und auch im Kinobereich kann durch die Kazé Crunchyroll Anime Night keiner mehr mithalten.

Anime Limited

Der schottische Publisher war bislang vor allem in UK, Frankreich und den USA aktiv und ist vor allem für seine hochwertigen Sammlerausgaben bekannt. In Deutschland war er bislang nur durch einige Soundtrack-Veröffentlichungen und über seine Beteiligung an Elfen Lied aufgefallen, zudem hatte seine Time of Eve-Blu-ray deutsche Untertitel. Im Juli gab der Publisher bekannt, dass er Macross Plus lizenziert hat und auch in Deutschland veröffentlichen will. Wir dürfen gespannt sein, was das bedeutet.

Sentai

Der texanische Publisher (und indirekter Nachfolger von ADV Films) hat sich in den letzten Jahren immer wieder Anime-Lizenzen für Deutschland gesichert, bisher aber keine einzige DVD oder Blu-ray hierzulande veröffentlicht. Stattdessen streamt der Anbieter über die Schwesterfirma Hidive in englischer Sprache in Deutschland und lizenziert manche Titel auch an deutsche Publisher weiter. Sentai könnte in Zukunft eine gute Quelle für Lizenznachschub für kleinere deutsche Publisher werden, oder wagt man vielleicht doch noch selbst den Schritt über den Teich?

Trimax GmbH

Seit 1999 im Geschäft veröffentlicht Trimax im Grunde nur noch zwei Dinge: Hentai und das, was, nachdem alle nicht-jugendfreien Szenen herausgeschnitten wurden, davon übrig bleibt. Untertitel waren lange ein Fremdwort für den Publisher und bislang sind neben hunderten DVDs nur eine Hand voll Blu-rays erschienen. Die meisten Neuerscheinungen werden nur mit einer Episode pro DVD oder Blu-ray veröffentlicht und zum Teil setzt der Publisher auf gebrannte statt gepresster Discs.

altraverse

Der Hamburger Verlag hat eigentlich ein komplett anderes Publikum, nämlich lesende Fans von Manga, Light Novels und Webtoons. Und dennoch findet er einen Platz auf unserer Liste:

Mit dem Webspecial zum Boys Love Hyperventilation sowie der OAD zu Keine Cheats für die Liebe bringt der junge Verlag zwei Anime als DVDs heraus; ganz wie man es aus Japan kennt. Diese sind immer mit einem Mangaband gebündelt und im Verhältnis zu anderen Sondereditonen teurer. Trotzdem darf man gespannt sein, ob und wie andere Verlage dem Beispiel folgen und welche Sonderepisoden von altraverse’ Line-Up es noch nach Deutschland schaffen.

Universal Pictures

Universal Pictures hatte vor einigen Jahren große Pläne, schließlich war man ja selbst schon in Japan und Australien im Anime-Blu-ray-Geschäft. Doch abgesehen von The Heroic Legend of Arslan, Seraph of the End und Drifters kam in Deutschland, Frankreich und Großbritannien nichts mehr. 2018 gab der Publisher seinen Rückzug aus Großbritannien bekannt, im Rest Europas herrscht seitdem Funkstille. Die angekündigte neue Berserk-Serie (2016 – 2017) wird wohl nicht mehr erscheinen.

3 Kommentare

  1. Danke für diese Übersicht. Einige Dinge waren mir neu.
    Bzgl. Interna fände ich es toll wenn es hin und wieder Interviews mit Anime Publishern gäbe so wie letztens bei MAnime von der Animagic und wie es Manga Passion immerwieder bei den Manga Verlagen macht. Auch wenn da keine großen Geheimnisse offenbart werden, finde ich die immer Interessant und es wirft ein neues Licht auf manche Dinge.
    Ich hoffe sehr, dass es sich weiterhin lohnt Animes in DE zu veröffentlichen und weitere Publisher als Crunchyroll aktiv bleiben.
    Bei Crunchyroll hat sich nach meiner Wahrnehmung auch ein ziemlicher Backlog von Animes angestaut die eine Stream-only-Synchro haben.. Ich würde mir bei einigen sehr einen Disc Release wünschen. Wirkt auf mich als hätte Disk seit der Umwandlung von Kazé in Crunchyroll keine Priorität mehr, was ich schade finde.

  2. Sehr interessanter Artikel. Den Einblick in die Materie bekommt man selten so ausführlich. Großes Lob an diesen Überblick 🙂

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