Es gibt verschiedene Arten, das eigene Werk mit der Geschichte zu beeinflussen. Eine der wichtigsten Methoden ist es, auch die Welt eine Geschichte erzählen zu lassen. Heute geht es um das Worldbuilding.
Da ich vor kurzem die Komplettbox von Stargate SG-1 (<3) gekauft habe, sind Anime aktuell eher zweitrangig. Nachdem ich nun fast 6 komplette Staffeln geschaut habe, ist mir etwas aufgefallen – die Immersion der (meist episodischen) Folgen funktioniert vollkommen in Stargate. In Anime jedoch kann dies entweder gut funktionieren oder komplett schiefgehen. Nun möchte ich euch in die Welt des Worldbuilding eintauchen lassen.
Eine Welt sollte glaubhaft erscheinen
Neben der Ausarbeitung von Charakterzügen sowie einem Storyverlauf ist bei der Erstellung einer Geschichte vor allem eins zu beachten: die Welt muss glaubhaft erscheinen. Wenn die Welt nicht glaubhaft wirkt, sind die Interaktionen innerhalb der Charaktere unglaubwürdig. Ist die Welt auch nicht glaubhaft mit Regeln versehen worden, gibt es Momente, wo der Zuschauer sich fragt, ob der Autor das Gezeigte ernst meint. Diesen Aspekt habe ich unter anderem schon früher mit „show, don’t tell“ beschrieben – diesen Gedankengang möchte ich nun erweitern.
Beim Erstellen einer Geschichte stehen Autoren oft vor dem Problem, dass sie sich nicht entscheiden können – soll die grundlegende Story über die Charaktere weitergeführt werden oder über die Geschichte. Eigentlich wäre eine Mischung von beidem die sinnvollste. Das heißt, man erschafft eine grundlegende Welt und lässt die Charaktere eigenständig darin interagieren. Oftmals – sei es Zeitdruck seitens der Redakteure oder anderweitige Probleme – greift der Autor jedoch willentlich in diesen Verlauf ein (z.B. durch ein Auftreten von „Ereignissen“), welche man der Situation entsprechend nicht vorausgesehen hätte und dadurch den natürlichen Verlauf beeinflusst hätte (Code Geass leidet zum Beispiel sehr stark an diesem Problem – Lelouchs Siegeszug wird weitgehend durch „plötzliche“ Zufälle entschieden als durch seine angebliche Intelligenz).
Um solche Probleme zu vermeiden, ist es wichtig, sich Gedanken über die Welt zu machen, in der die Geschichte stattfinden soll.
Doch wie kann man eine Welt erschaffen, die sich idealerweise von der Massenware abhebt?
Jede Geschichte hat natürlich ein Ereignis, einen Charakter oder einen Ort, der als maßgeblicher Einfluss für die Welt dient. Das Worldbuilding dient dazu, eine innere Logik zu schaffen und die Welt glaubhaft und einzigartig zu gestalten. Ein Beispiel für gelungenes Worldbuilding ist Attack on Titan. Das Mysterium rund um das Ziel der Titanen und den Inhalt des Kellers bildet die Grundlage für die Welt und treibt die Handlung voran.
Natürlich sollte man nicht bei jedem Anime ein tiefgehendes Worldbuilding erwarten. Bei einer personenbezogenen Liebesgeschichte oder einer Komödie ist es weniger wichtig als in Science-Fiction oder Fantasy. In diesen Genres spielt das Worldbuilding eine zentrale Rolle für die Immersion in die Geschichte.
Empfehlungen von Serien, die gutes Worldbuilding besitzen
Aria Series (2005 – 2015)
Wie viele andere Slice-of-Life-Serien nutzt Aria das Setting des Erwachsenwerdens, jedoch ohne Schule. Besonders bemerkenswert ist, dass die Hauptfiguren Gondelfahrer-Azubis sind, was in Verbindung mit der Grundprämisse der Serie (Neubesiedlung des Mars, Wiederaufbau von Venedig) eine ausgezeichnete Basis für das Worldbuilding bietet.
Die Welt, in der sich die Gondelfahrer bewegen, baut sich mit ihnen auf – schließlich ist es ihr Job, ihre Kunden auf eine Abenteuerreise mitzunehmen. Die Charaktere wachsen also mit der Welt, und während die Welt von Neu-Venedig anfangs kaum belebt ist, kommen mit der Zeit immer mehr Menschen dazu, je erfahrener die Gondelfahrer werden. Aria kann einschläfernd sein, wenn man das subtile Worldbuilding nicht bemerkt, das sich teilweise zu einem kompletten Mysterium aufbaut und gelöst wird.
Spice & Wolf (2008 – 2009)
Trotz des „klassischen“ Mittelalters mit einem Hauch von Fantasy bietet Spice & Wolf eine hervorragende Grundvoraussetzung: Jede Stadt und jeder Ort fühlt sich lebendig und anders an. Auch die Herangehensweise an die Aufklärung ist ein großer Teil der Welt von Spice & Wolf:
Die Welt fühlt sich durch das Handelssystem, die großen Länder und Städte vollständig an. Oft haben Animes Probleme, dass man den Schnitt zwischen den Handlungssträngen erkennt, was dazu führt, dass sich die Verhaltensweisen vieler Charaktere von einem Moment zum nächsten vollständig ändern. Auch ist das Handelssystem, das immerhin ein zentraler Punkt der Geschichte von S&W ist, nie aufgesetzt. Es fühlt sich an, als würden sämtliche Ereignisse tatsächlich während der Reise geschehen. Der eigentliche Antagonist, die Kirche, ist entsprechend mächtig und für einfache Handelsleute wie Clarence unerreichbar.
Shinsekai Yori (2012)
Genau wie Aria bricht Shinsekai Yori mit der klassischen, dystopischen Szenerie – trotz der Umstände, die storytechnisch in der Vergangenheit passierten, befinden wir uns in einer Welt, die dem traditionellen Japan näherkommt, als man denkt. Wie schon in meiner Review zu Shinsekai Yori angesprochen, erleben die Zuschauer mit der Gruppe die unbekannte Welt – wir sind immersiv genau auf dem Stand wie unsere Hauptcharaktere. Shinsekai Yori lässt uns die Frage aufkommen: Freiheit oder Frieden? Was würden wir in dieser Dystopie entscheiden? In üblichen Dystopien stirbt der Mensch durch den maschinellen Fortschritt, aber in Shinsekai Yori sind diese Menschen durch Telekinese gesegnet worden.
Der Abschluss zum Theme Worldbuilding
Abschließend lässt sich sagen, dass Worldbuilding ein wichtiger Bestandteil jeder Geschichte ist und dazu beiträgt, eine glaubhafte und immersive Welt zu erschaffen. Eine Welt, die nicht konsistent ist oder in der Charaktere handeln, die nicht in diese Welt passen, kann die Geschichte unglaubwürdig machen und das Publikum aus der Handlung reißen. Es ist wichtig, dass die Welt Fragen beantwortet, die gestellt werden, um das Publikum zufrieden zu stellen, aber auch nicht zu viele unbeantwortete Fragen zu hinterlassen, um zu vermeiden, dass sie frustriert werden.
Das Charakterdesign sollte immer in Übereinstimmung mit der Welt erfolgen, in der die Geschichte spielt. Es sollte nicht der Fall sein, dass die Welt um den Charakter herum gebaut wird, sondern dass der Charakter in die Welt integriert wird. Es ist auch wichtig, dass die Geschichte konsistent bleibt und dass es keine unlogischen Übergänge gibt, die den Leser oder Zuschauer aus der Geschichte werfen.
Insgesamt ist Worldbuilding ein wichtiger Aspekt bei der Erstellung einer guten Geschichte. Es erfordert jedoch viel Arbeit und Sorgfalt, um sicherzustellen, dass alle Elemente zusammenpassen und dass die Welt, die geschaffen wird, einheitlich und kohärent ist.
2 Antworten
Hab Spice & wolf einmal angefangen gehabt, hatte aber leider nicht das Gefühl dass dieser Anime mich fesseln kann.
Ist der über die ganze Dauer gleich aufgebaut oder verändert der sich später nochmals etwas?
Ich meine klar, es ist ein ständiges weiterziehen von Ortschaft zur Ortschaft, aber naja um mal kurz zu fragen… lohnt es sich ihn nochmals anzufangen? Nur deine Meinung bitte… darfst also gern den Anfang überlesen 😉
Er ist definitiv träge und langsam, ich finde jedoch das es eine klasse Geschichte ist. Action wirst du dort nie erleben, es lebt viel von der Kombination Holo und Clarence