Happy Science: Ideologie, Vermarktung und Erfolg

Happy Science Okawa Titelbild

Happy Science hat sich seit der Gründung im Jahr 1986 stetig erweitert und den aktuellen Entwicklungen angepasst. Doch wie sieht der Erfolg aus und was hat der Gemeinschaft geholfen, ein solches Image zu erlangen? Dies möchte ich in meinem zweiten Artikel über neue Religionen in Japan klären.

Dieser Bericht ist der zweite Teil meiner Artikelreihe über die neuen religiösen Bewegungen in Japan.

Happy Science – ein erfolgreiches Werbemodell von Beginn an

Heutzutage ist vor allem eines wichtig: die richtige Vermarktung. Während viele Unternehmen Anfang der 2000er Jahre das Internet noch skeptisch betrachteten, ist die Vernetzung im Jahr 2020 nicht mehr wegzudenken. Praktisch alles wird über das Internet beworben, sei es durch YouTube, Newsletter oder einfache Produktplatzierungen auf Amazon und Co.

Der Vorteil, den viele neue Religionen haben, ist, dass der Fokus auf eine Person, den Führer, gelenkt werden kann. Sein Wort ist Gesetz. Dementsprechend einfach lassen sich diese auch vermarkten. Happy Science hat früh erkannt, dass man nur so neue Mitglieder gewinnen und dem Ziel, eine globale Religion zu werden, näher kommen kann. So kam es bereits 8 Jahre nach der Gründung (1994) zu einem ersten Live-Action-Film, der versuchte, die Lehren der (damals noch) Kôfuku-no-Kagaku genannten Bewegung zu verbreiten. The Terrifying Revelations of Nostradamus handelt von den Grundsätzen der Happy Science, wie etwa den Geistern der neunten Dimension. Diese haben die Erde erschaffen, bevor sie sich zu tief in die verschiedenen spirituellen Ebenen, den Prozess der Reinkarnation und ihre frühe Version von Harmagedon begeben haben. Die Geschichte erstreckt sich von der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg bis in die nahe Zukunft (ab ’94) und zeigt, wie die Geisterwelt mit der materiellen Welt interagiert und wie man leben sollte, um im nächsten Reich zu gedeihen.

Immortal Hero ist Okawas Autobiographie

Die Filmografie der Happy Science besteht aktuell aus 14 Filmen, die allesamt Adaptionen der Bücher von Okawa sind. Bei fast allen Filmen war er auch als Executive Producer tätig.

  • The Terrifying Revelation of Nostradamus(1994),
  • Hermes – Love Blows Like A Wind(1997),
  • The Laws of the Sun(2000),
  • The Golden Laws (2003),
  • The Laws of Eternity(2006),
  • The Rebirth of Buddha(2009),
  • The Final Judgment(2012),
  • The Mystical Laws(2012),
  • The Laws of the Universe – Part0 (2015)
  • Die Welt, in der wir leben (2017)
  • The Laws of the Universe – Part1 (2018)
  • Vielen Dank, meine Jugend. Lebe wohl, meine Jugend (2018)
  • The Last White Witch (2019)
  • Immortal Hero (2019)
  • The Real Exorcist (2020)

Die aktuellste Adaption, Immortal Hero, ist ein Live-Action-Film aus dem Jahr 2019, der auf Okawas Autobiographie basiert und auch für den englischen Markt synchronisiert wurde. Es sind unter anderem die englischen Stimmen von Taki aus Your Name oder von George Takei zu hören.

Produziert und finanziert werden alle Filme vom hauseigenen Filmstudio namens HS Pictures Studio. Ob die älteren (Anime-)Filme erfolgreich waren, kann ich nicht genauer sagen. Allerdings spielte The Laws of the Universe – Part 1 in seinen ersten beiden Wochenenden in Japan ca. 3,2 Millionen Euro ein – eine stolze Summe für die wichtigen Einspieltage. Damit konnte der Film 42% mehr Umsatz einnehmen als das Erstlingswerk der Trilogie, The Laws of the Universe – Part 0. Der Anime wurde in 206 Kinos in ganz Japan ausgestrahlt.

Doch woher kommt dieser Erfolg (gemessen an einem Film)?

Nun, HS Pictures Studio konnte nicht nur erfahrene Animatoren verpflichten, die The Laws of the Universe – Part 1 optisch aufwändig gestalten konnten. Ein weiterer Faktor waren die japanischen Seiyū. Die Verpflichtung war gerade für die Mund-zu-Mund-Propaganda wichtig, denn dadurch konnte man die Fans nutzen, um den Film erfolgreich zu bewerben.

Allerdings zeigen die Umsätze und (hohen) Ticketverkäufe nicht, wie viele der Anhänger mehrmals ins Kino gegangen sind, um die Zahlen in die Höhe zu treiben. Der nächste Punkt wäre die Verfügbarkeit. Sämtliche Filme (außer The Laws of the Universe und Immortal Hero) lassen sich kostenlos auf den eigens erstellten YouTube-Kanälen anschauen. Apropos YouTube, es gibt offizielle Kanäle von Happy Science für Deutschland, Australien, Brasilien, Japan, Großbritannien und Amerika. Diese laden zwar nur sporadisch Videos hoch, allerdings gibt es viele Vorträge, die übersetzt angeboten werden. Der offizielle japanische Kanal hat über 16.400 Abonnenten, und die Videos werden im Schnitt 3.500 Mal angeklickt. Er wurde im Jahr 2010 erstellt.

Doch Happy Science beschränkt sich nicht nur auf das Internet. Es gibt weitere Plattformen, um die Ideen des Meisters El Cantare weiterzugeben. So existieren drei Magazine, die jeweils einmal im Monat erscheinen:

  • The Liberty: Eine Art Newsportal, unter anderem mit Kommentaren von El Cantare zum aktuellen Weltgeschehen.
  • Are You Happy?: Ein Lifestyle-Magazin, das sich an Frauen richtet. Themen sind Familie, Beziehungen, Erziehung, Karriere, Finanzen, Gesundheit, Kochen und geistiges Wohlbefinden.
  • Monatliche Broschüren, die in den jeweiligen Ländern vertrieben werden. Dort erfährt man die Termine der Treffen und weitere Informationen.

Die Magazine werden über den hauseigenen Verlag IRH Press vertrieben, der seit 1987 besteht und neben Okawas Büchern auch Werke veröffentlicht, die nicht aus den Händen des Happy Science-Meisters stammen.

Der Erfolg der Happy Science lässt sich durch die angesprochenen Kernthemen erklären

Okawa verspricht, durch die Happy Science Antworten auf alle gängigen Fragen, die einem im Menschen vorkommen, zu bekommen. Es müssen nicht einmal Menschen sein, die ein trauriges Erlebnis verarbeiten müssen. Am Beispiel des Magazins Are You Happy? spricht die Redaktion mit Okawas Segen einfache Hausfrauen und werdende Mütter an. Fragen wie:

  • Kann ich meine Kinder ohne Beruf ausreichend versorgen?
  • Wie steige ich die Karriereleiter empor?
  • Wie führe ich eine friedliche Beziehung ohne Stress?

Happy Science scheint alle Antworten zu besitzen und lädt Menschen ein, mehr zu erfahren. Doch es müssen nicht einmal solche Fragen existieren. Happy Science bietet Seminare und Fragerunden zu verschiedensten Themen an. Auch Japanisch-Unterricht in Deutschland wird unter der Flagge der Bewegung angeboten. Dadurch kommen auch Menschen mit der Ideologie in Kontakt, die eigentlich keinerlei Probleme besitzen und sich einfach nur weiterbilden möchten.

Mit Idols wollte man Otakus ansprechen

Der neueste Streich war die Gründung einer eigenen Idol-Gruppe namens „anjewel“ im Jahre 2016. Ende 2016 enthüllt, war die Gruppe zunächst für eigene Veranstaltungen, wie etwa dem El Cantare Festival geplant. 2018 wurde die Idol-Gruppe allerdings aufgelöst. Anders hingegen ist es der japanischen Schauspielerin Fumika Shimizu ergangen. Sie wurde bereits als Kind mit den Lehren der Happy Science vertraut gemacht und hat für die Gemeinschaft 2017 ihre „reguläre“ Schauspielkarriere beendet. Seitdem ist sie unter dem neuen Namen Yoshiko Sengen aktiv. Bekannt ist Fumika Shimizu für die Rolle der Touka Kirishima aus den Live-Action-Adaptionen von Tokyo Ghoul und Yoko Joima aus diversen Kamen Rider-Ablegern seit 2011.

Man erkennt, dass Okawa weiß, wie man sich vermarktet. Happy Science versteht es, aktuelle Themen zu ihrem Vorteil zu nutzen. Dabei müssen es nicht einmal Personen sein, die familiäre Probleme besitzen. Auch reguläre Anime- oder Filmfans können durch die vermittelte Doktrin beeinflusst werden. Und wenn nicht, ist es trotzdem schlichte Werbung für ein Projekt, das auch in Deutschland Fuß gefasst hat.

Weiter geht es mit dem dritten Teil der Reihe über japanische neue Religionen, wo ich mich mit dem Beauftragten für Weltanschauungsfragen unterhalten werde.

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