Light Novels und ihr schwerer Stand in Deutschland

Viele Fans wissen nicht, dass es neben Anime und Manga noch eine weitere wichtige Säule der J-Popkultur gibt: die Light Novels. Es kommt oft vor, dass Fans skeptisch reagieren, wenn man ihnen von den Jugendromanen erzählt. In diesem Artikel zeige ich, warum das so ist und was die Zukunft für dieses Nischenhobby bringen wird.

Bevor wir uns dem eigentlichen Thema widmen, möchte ich noch auf weitere Punkte eingehen, die besprochen werden sollten. Zum Beispiel: Was ist eine Light Novel? Was sind ihre Eigenheiten? Was sollte man bei Light Novels beachten? Diese Fragen werden in den nächsten Absätzen geklärt.

Definition und Ursprung der Light Novel

Viele wissen nicht, dass Light Novels ihren Ursprung in Amerika haben, obwohl sie aus Japan stammen. Vor und nach dem Zweiten Weltkrieg waren die sogenannten Pulp Magazine in den USA beliebt. Sie waren durch das billige Papier und die unterschiedlichen Fokussierungen der Geschichten gekennzeichnet. Nach Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg kamen die Magazine durch US-amerikanische Soldaten nach und nach in das Land der aufgehenden Sonne und fanden auch dort Anklang. Als symbolischer Grundpfeiler der heutigen Light Novels wird oft Sonorama Bunko genannt. Das Label aus dem Verlagskonglomerat Asahi Sonorama, zu dem auch die bekannte Tageszeitung Asahi Shinbun gehört, veröffentlichte ab 1975 solche Romane, unter anderem von Hideyuki Kikuchi (Vampire Hunter D, 1983). 1992 vollzog der Verlag Kadokawa Shoten einen Generations- und Strategiewechsel: Anstelle höherpreisiger Literatur führte man mit der Verlagssparte Mediaworks nach amerikanischem Vorbild der Pulp Magazine das Taschenbuchformat auch für preisgünstigere Unterhaltungsromane ein.

Unterschiede zu regulären Romanen

Der Umfang der einzelnen Light Novels variiert stark und widerlegt somit die Annahme, dass sie alle einen ähnlichen Umfang haben. Stattdessen erscheinen alle Light Novels im bunko-Format (DIN A6). Ein Beispiel dafür ist der vierte Band der Light Novel-Serie Horizon in the Middle of Nowhere, der stolze 993 Seiten umfasst.

Ein weiteres Merkmal von Light Novels sind die Illustrationen, die auf dem Cover und im Inneren des Buches zu finden sind. Diese dienen hauptsächlich dazu, die Zielgruppe anzusprechen. Der Stil der Illustrationen ist dem von Manga und Anime ähnlich und soll vor allem das junge Publikum an das Medium Buch heranführen.

Die A Certain Magical Index-Light Novel im Vergleich mit Horizon on the Middle of Nowhere
Schreibstil und Zielgruppe

Um den Schreibstil von Light Novels zu verstehen, ist es wichtig, den Begriff selbst genauer zu betrachten. „Light Novel“ bedeutet übersetzt „Leichter Roman“ und ist oft genau das, was es verspricht. Diese Romane zielen hauptsächlich auf Teenager ab und sollen sie unterhalten. Aus diesem Grund werden Light Novels auch als Unterhaltungsromane beschrieben. Viele dieser Geschichten sind besonders dialoglastig und beinhalten viele Interaktionen zwischen den Charakteren. Der Schreibstil ist dabei sehr visuell gehalten.

Light Novel: Quelle der Neuzeit – Web Novels und das Internet

Wie lässt sich der leichte Schreibstil der Light Novels erklären? Oftmals liegt es an der Unerfahrenheit der Autoren. Viele bekannte Autoren haben dem Internet zu verdanken, dass ihre Werke so erfolgreich wurden. Über japanische Seiten wie syosetu.com, syosetu.org, kakuyomu.jp, tadeku.net oder estar.jp kann praktisch jeder seine Werke online der japanischen Community in Eigenregie öffentlich zugänglich machen. Werke wie Overlord, The Rising of the Shield Hero oder That Time I Got Reincarnated As A Slime wurden zunächst kostenlos online veröffentlicht. Anschließend wurden die jeweiligen Autoren von einem traditionellen Verlag entdeckt und „rekrutiert“. Für die Buchveröffentlichung wurden die Web Novels in Sachen Rechtschreibung und Grammatik verbessert und teils auch Story-Änderungen vorgenommen.

So wurde zum Beispiel The Rising of the Shield Hero von 2012 bis 2015 auf Shōsetsuka ni Narō veröffentlicht und beendet, bevor der japanische Verlag Media Factory das Werk 2015 lizenzierte und in Rücksprache mit dem Autor leicht angepasst in 22 Bänden in Japan veröffentlichte.

Light Novels in Deutschland: Ein holpriger Start

Da die Grundlagen nun geklärt sind, befassen wir uns mit dem eigentlichen Thema: Light Novels in Deutschland. Viele Fans beschweren sich, dass das Thema Light Novels im Vergleich zu Amerika nahezu stiefmütterlich behandelt wird.

Obwohl japanische Literatur schon sehr lange in Deutschland verlegt wird, gibt es Light Novels – oder jedenfalls Bücher, die vom deutschen Verlag so bezeichnet werden – erst seit Anfang der 2000er Jahre. Love Hina: Zieh Leine, Keitaro! gilt als erster Light Novel, der auf Deutsch publiziert wurde. Der Einzelband zur Love Hina-Mangareihe erschien im September 2003 bei Egmont Manga. 2005 gab es einen InuYasha-Einzelband, ebenfalls von Egmont. 2006 stieg dann der US-Publisher Tokyopop mit seinem deutschen Ableger in den Light Novel-Markt ein und veröffentlichte im gleichen Jahr folgende Titel:

  • Die Zwölf Königreiche (vier von acht Bänden, abgebrochen)
  • Kinos Reise (vier von aktuell 22 Bänden, abgebrochen)
  • Rosen unter Marias Obhut (fünf von 39 Bänden, abgebrochen)
  • Gosick (sechs von 13 Bänden, abgebrochen)

Danach erschienen sporadisch weitere Light Novels, wie Back Stage!! oder die Nebengeschichten zu Vampire Knight. Bis 2017 gab es nur eine Reihe, bei der mehr als 10 Bände übersetzt wurden. Ab sofort Dämonenkönig erschien zwischen 2008 und 2011, ehe die Reihe von Carlsen Manga mit 14 Bänden abgebrochen wurde. Die aktuell längste auf Deutsch erhältliche Light Novel-Reihe ist Accel World, welche von Tokyopop seit 2017 veröffentlicht wird. Diese umfasst momentan 20 Bände.

Aktuell ist ein positiver Trend in Deutschland erkennbar

Seit der Veröffentlichung von Love Hina: Zieh Leine, Keitaro! ist einiges im Sumpf der Lizenzierungen passiert. Von 2003 bis heute waren 77 Light Novels geplant oder sind erschienen. Das Interessante an dieser Zahl? 41 dieser Titel sind Roman-Adaptionen von bestehenden Titeln wie Naruto, Attack On Titan oder InuYasha. Diese Light Novels erweitern das jeweilige Universum um zusätzliche Geschichten, wie etwa eine andere Perspektive, zum Beispiel eines anderen Charakters. Im Jahr 2020 wurden zum ersten Mal überhaupt acht Novel-Lizenzen angekündigt oder veröffentlicht. Lediglich drei dieser Titel gehören zu (erfolgreich) laufenden Mangas. Bis 2017 herrschte eine gewisse Stagnation, die allerdings anschließend gebrochen wurde.

Das 2017 neu gegründete Unternehmen Altraverse hat sich das Ziel gesetzt, mehr für den deutschen Light Novel-Markt zu tun. Ob das gelingen wird? Immerhin hat der Verlag seit seiner Gründung große Light Novel-Titel nach Deutschland geholt. Fans von Goblin Slayer!, That Time I Got Reincarnated As A Slime oder Gamers! können neben der Manga-Adaption auch zum Originalwerk greifen.

Als Schmankerl folgt nun ein Vergleich zwischen dem deutschen und nordamerikanischen Markt. Dieser zeigt deutlich, wie weit der Markt in Deutschland im Vergleich hinterherhinkt.

Die Statistik zeigt, dass für die USA weitaus mehr Titel lizenziert werden. Ein Grund ist, dass in den USA weitaus mehr Verlage direkt an japanische Lizenzgeber angeschlossen sind. Der nächste Punkt ist, dass viele der Veröffentlichungen Digital-only erfolgen. Eine physische Ausgabe bekommen nur die „Highlights“ spendiert. Der Rest erscheint bei den vielen englischen Simulpub-Anbietern.

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Doch woher kommt die Skepsis der deutschen Publisher? Wieso werden nur Titel lizenziert, die entweder Nebengeschichten zu (beliebten) Mangas darstellen oder abgeschlossene Einzelbände (etwa zu Filmen) sind?

Aus Verlagssicht: Fünf Gründe, weshalb Light Novels in Deutschland flop(p)en

Produktionskosten

Dies ist wohl der am meisten genannte Grund. Doch warum ist das so? Ein Band umfasst etwa 50.000 Wörter, die übersetzt werden müssen. Zum Vergleich: Ein Manga-Band besitzt mitsamt aller Onomatopoeia (Lautmalereien) etwa 13.000 bis 15.000 Wörter. Für die Übersetzung all dessen muss ein freischaffender Übersetzer bezahlt werden. Als Faustregel lässt sich sagen, dass ein einzelner Band eines Light Novels bei der Übersetzung das Dreifache eines Mangas kostet. Wenn man bedenkt, dass viele Light Novel-Reihen über 10 Bände haben, sind das Kosten, die viele Verlage nicht stemmen wollen – oder können.

Produktionszeit

Wie bereits erwähnt, müssen Light Novels übersetzt werden. Das größte Hindernis: es gibt nicht genug qualifizierte Übersetzer, die die engen Zeitvorgaben in einer angemessenen Qualität erfüllen können. In der Regel lässt sich sagen, dass ein Verlag einem Übersetzer für einen Mangaband zwei Monate (je nach Titel sogar nur ein Monat) Zeit gibt. Bei einer Novel sind es maximal vier, um ein regelmäßiges Programm zu ermöglichen. Bei dieser Zeitangabe sind die Korrekturen und die Betreuung durch den Redakteur noch nicht mitberechnet. Diese zusätzliche Arbeitszeit trägt ebenfalls zur Produktionszeit bei.

Welche Lösungen gibt es? Mehrere Übersetzer an einem Werk arbeiten lassen? Unmöglich, da jeder Übersetzer seinen eigenen Stil hat, der erkennbar am Titel haften bleibt. Den Übersetzern mehrere Monate Vorlauf geben? Ebenfalls sehr schwierig, da viele Lizenzen und Verträge im Voraus bezahlt werden müssen. Wirtschaftlich gesehen müssen die Titel also schnell veröffentlicht werden, um die Kosten auszugleichen und Geld für das neue Programm oder edlere Extras zu haben.

Es sollte auch erwähnt werden, dass sowohl Übersetzer als auch Redakteure eng an ihre zugewiesenen Projekte gebunden sind. Wechsel sind praktisch nicht möglich.

Die richtige Werbung

Dieser Punkt wird oft übersehen, ist aber aus Verlagssicht einer der zentralen Gründe, warum Light Novels in Deutschland nie so erfolgreich waren wie in anderen Ländern. Man wusste einfach nicht, wie man das Medium bewerben sollte. Es lässt sich grob sagen, dass Light Novels aus 90% Text und 10% Bildern bestehen. Während Anime-Fans bei Mangas nicht immer glücklich über den vielen Text sind, wirken Light Novels wie absolute Wälzer, die nicht spannend genug erscheinen. Und für Manga-Leser gilt ein ähnliches Problem. Mangas zeigen die Geschehnisse bebildert, während eine Light Novel diese ausführlich erklärt. Diese Art der Erzählung gefällt nicht jedem.

Ein weiterer Haken ist, dass durch den Fokus der Verlage auf Mangas bereits viele Titel in Deutschland erschienen sind, die eine Manga-Adaption einer Light Novel darstellen. Man kann nicht erst einen Manga lizenzieren, nur um anschließend die Novel zu veröffentlichen. Das würde etwa der Aussage entsprechen von „Hey, Fans! Ihr habt schon Geld für 10 Manga-Bände eines Titels ausgegeben. Nun bringen wir das RICHTIGE Originalwerk!“.

Eine Lösung hat bereits Altraverse gefunden, indem sie sowohl die Light Novel als auch die dazugehörige Manga-Adaption veröffentlichen. Allerdings liegen die Verkäufe der Novels erneut unter den Erwartungen, so scheint es zumindest.

Englischsprachige Lizenzierungen

Wie aus der oben gezeigten Statistik ersichtlich ist, sind die Lizenzierungen der Amerikaner im Light Novel-Segment recht umfangreich. Viele deutsche Leser, die dem Thema der Light Novel nicht abgeneigt sind, haben die Lizenzen, die in Deutschland erst später erscheinen, bereits auf Englisch gekauft. Das macht es den deutschen Verlagen schwer.

Natürlich gibt es Doppel- oder Dreifachkäufer, aber sie stellen eine klare Minderheit dar. Der hiesige Fan ist aufgrund des zögernden Handelns deutscher Verlage mit beiden Augen auf den US-amerikanischen Markt ausgerichtet. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen.

Niedrige Verkaufszahlen trotz lauter Social-Media-Schreie

Alle genannten Punkte führen dazu, dass sich die Verkaufszahlen der Light Novels hierzulande in Grenzen halten. Zwar sieht man, vor allem auf Social Media, wie stark die Fans nach den Originalwerken vieler Titel schreien – die Zahl der tatsächlichen Käufer ist aber gering. Hier lässt sich das gleiche Phänomen wie bei Anime-Lizenzen sehen. So hat LEONINE Anime wegen riesiger Fanschreie das Weltkriegsdrama Rainbow lizenziert. So weit, so gut. Die Problematik? Der Titel war trotz guter Synchronisation ein riesiger Ladenhüter und man hat die Lizenzentscheidung mit Sicherheit bereut. Diese Schwierigkeit haben auch Manga-Verlage, die kein reguläres Buch- oder Comicsegment besitzen. Das Minusgeschäft überwiegt bei Light Novels deutlich und auch Verlage müssen irgendwie ihre Kosten wieder reinbringen. Was zählt, sind die tatsächlichen Käufer im Laden und nicht die laut protestierenden Fans im Netz.

Lizenzen oft an mehreren Vertragspunkten gekoppelt

So ist es dann möglich, dank großer Manga-Titel, Light Novels oder nischigere Manga nach Deutschland zu bringen.

Was viele Leser außerdem nicht wissen: Light Novel-Lizenzen sind oft an deren Manga-Adaptionen (oder umgekehrt) gekoppelt. Dadurch ist es oft nicht möglich, eine Light Novel zu lizenzieren, dessen Manga-Adaption bei einem anderen Verlag läuft. Ausnahmen gibt es aber immer wieder, wie zum Beispiel bei Overlord.

Das waren nun fünf Gründe, weshalb es aus Verlagssicht schwer ist, Light Novels in Deutschland zu etablieren. Ein weiterer, oft vergessener Faktor sind auch die Händler – jene Händler, bei denen der Fan seine Waren bezieht.

Aus Händlersicht: Vier Gründe, wieso Light Novels schwer zu verkaufen sind

Händler sind der Dreh- und Angelpunkt im Verkauf eines Titels – sei es über große Versandhäuser, den Comicbuchladen um die Ecke oder größere Franchise-Ketten. Es gibt sowohl für die amerikanische als auch für die japanische Popkultur Ecken, in denen der jeweilige Fan sich einfach nur wohlfühlt. Inwieweit das aber für Light Novels zum Problem werden kann, zeigen die folgenden Gründe:

Light Novels lassen sich im Buchhandel schlecht bewerben.

Man sollte zunächst zwischen zwei Arten von Buchhandel unterscheiden. Einerseits haben wir die reguläre Buchhandlung als Franchise oder Inhabergeführt, andererseits den Fachhandel – sprich Comicbuchläden, J-Store-Geschäfte. Eben der Betrieb um die Ecke, bei dem die vielen Fans ihren neuen Stoff holen. Beide Zweige haben das gleiche Problem: Light Novels lassen sich nicht richtig kategorisieren.

Fachhandel: Zielgruppe vorhanden, allerdings unscheinbar in der Masse

Der Fachhandel bietet grundsätzlich (fast) alles aus dem asiatischen (oder amerikanischen) Raum an, sei es Artbooks, japanische Magazine, Merchandise, Musik-CD/DVDs oder Anime. Der Fachhandel ist oft der zentrale Anlaufpunkt für jeden Fan, egal ob neu oder Alteingesessen. Die meisten, die diese Läden betreten, wissen oft, was sie kaufen möchten, kennen das Medium Light Novel jedoch nur bedingt. Oftmals bei den Mangas platziert, wirkt ein Roman deplatziert. Der Roman wird zwar durchgeblättert, eventuell wird auch die Buchrückseite gelesen, aber das war es dann auch. Gepaart mit der Reizüberflutung an japanischen Medien ist ein „normales“ Buch eher semi-interessant.

Regulärer Buchhandel: Zielgruppe nicht klar definiert, plus Kategorisierungs-Problem

Ein normales Buchgeschäft hat dieses Problem nicht. Wer eine Buchhandlung betritt, mag dicke Wälzer und hat kein Problem, sich mit diesen zu beschäftigen. Das Problem? Die Manga-Ecke ist nur eine von vielen. Sei es internationale Presse, Drama, Abenteuer, Kinder- oder schlichte Kochbücher. Ein normaler Buchladen hat im wahrsten Sinne des Wortes alle Arten von Büchern. Dementsprechend sind zwar auch oft Manga vorhanden, diese aber im Vergleich zum Fachhandel oft auf die aktuellsten Bände reduziert. Die Neuerscheinungen findet man oft ohne Probleme, auch andere gut laufende Reihen findet man – je nach Geschäft – ohne Probleme.

Aber auch hier gilt wie beim Fachhandel: Light Novels wirken im Manga/Comic-Bereich deplatziert. Was wäre also das Naheliegendste? Die Titel in den Bereich der regulären Fantasy legen? So hätte man zwar Zugriff auf eine größere Anzahl von Interessierten, aber die Light Novels stehen sich durch ihren ersten Eindruck oft selbst im Weg, fallen sie doch, genau wie Manga, sehr stark durch das Cover auf.

Es gibt je nach Verlag natürlich den Versuch, Light Novels attraktiver zu gestalten, indem man diese als Roman kategorisiert. Auch Cover-Anpassungen sind möglich. Trotzdem entspricht ein Großteil der Light Novels dem japanischen Original und das ist für den klassischen Literatur-Fan sehr untypisch und fremd. So hat man zwar die Möglichkeit genutzt, einem größeren Publikum die Titel zu zeigen, allerdings verspielt man gleichzeitig den bereits etablierten Platz im Bereich Manga.

Etabliertes Warengruppensystem schwer zu ändern

Ein entscheidender Vorteil des Fachhandels ist, dass der komplette Fokus auf Asien bzw. Japan gelegt werden kann. Das ist bei einem regulären Buchhandel nicht möglich, da auch andere Interessen bedient werden müssen. Viele denken nun wahrscheinlich, dass es trotzdem einen Versuch wert wäre, die Light Novels in andere Abteilungen zu legen. Der Gedanke wird jedoch durch das Warengruppensystem des Buchhandels gestoppt. Durch die enorme Anzahl an Veröffentlichungen muss jedes Buch kategorisiert sein, um unter anderem sicherzustellen, dass rechtlich schwierige Titel nicht in Umlauf geraten können. Hinzu kommt die Orientierung sowohl für den Leser als auch für das Personal. Bleiben wir beim Beispiel Fantasy und Manga, sieht das nun so aus:

  • Hauptwarengruppe: Belletristik
    • Warengruppe: Spannung
      • Krimis, Thriller, Spionage
      • Horror
    • Warengruppe: Science-Fiction, Fantasy
      • Science-Fiction
      • Fantasy
    • Warengruppe: Comic, Cartoons, Humor, Satire
      • Comic
      • Manga, Manhwa
      • Cartoons
      • Satire

Das System dient zwar zur Erfassung und Kategorisierung der Bücher. In der Praxis kann jedoch abgewichen werden, wenn die Bücher thematisch passen. So gehört der Roman von Nino Kerl („NinotakuTV“) thematisch eher zur Warengruppe Fantasy, man findet das Werk jedoch immer bei Manga.

Manga-Verlage kategorisieren Light Novels unter Manga ein

Selbst wenn der Buchhandel tiefe systemtechnische Änderungen vornimmt, um das Nischensegment der Light Novel einem größeren Publikum näherzubringen, gibt es einen „Stolperstein“. Viele deutsche Verlage kategorisieren Light Novels ebenfalls unter Manga ein. Dadurch erhofft sich der Verlag, dass das entsprechende Produkt der richtigen Zielgruppe zugewiesen wird. Um die Probleme im zweiten und diesem Punkt zu lösen, muss eine gemeinschaftliche Änderung stattfinden. Das durchzusetzen ist jedoch schwierig.

Manga und Light Novels werden trotz ihrer steigenden Popularität vom Buchhandel noch argwöhnisch betrachtet

Trotz ihrer wachsenden Beliebtheit und hohen Nachfrage sind Buchhändler, die sich mit der japanischen Popkultur, insbesondere Manga und Light Novels, auskennen, rar. Viele Buchhandlungen werden noch von älteren Personen betrieben, die das „neue“ Medium argwöhnisch betrachten und nur das Mindeste für potenzielle Käufer bieten. Natürlich gibt es die Möglichkeit, seine Titel nicht in einem regulären Buchhandel zu kaufen, sondern im Fachhandel beim Comicshop. Aber als Buchhändler und auch als Fan sollte man auf die Menschen zugehen und die Vorzüge von Light Novels sowie das große Interesse der Jugend aufzeigen. Zum Beispiel durch Thementische oder andere Experimente.

Light Novels in Deutschland – ohne Fans weiterhin eine Randnotiz

Wie lässt sich der Stand in Deutschland nun zusammenfassen? Es ist komplizierter als gedacht. Grundsätzlich ist es löblich, dass einige Verlage den Markt mit Light Novels füttern. Dass diese meistens nur Beiwerke zu beliebten Manga-Reihen sind, sei dahingestellt. Es zeigt immerhin, dass das Medium nicht komplett ignoriert wird. Trotzdem gilt: Ohne kaufwillige Fans wird es nie möglich sein, auch nur im Ansatz an die Anzahl der Light Novel-Lizenzen des amerikanischen Raumes heranzukommen. Das Problem ist, dass viele lautstark in den Foren, auf Social Media usw. nach diesen Lizenzen schreien, nur um die Titel, die es dann doch nach Deutschland schaffen, nicht zu kaufen.

Diese Menschen sind aber nicht das größte Problem. Immerhin wissen sie, dass es Light Novels überhaupt gibt. Als Novel-Fan sollte man nicht nur die wenigen Romane kaufen, sondern auch aufklären. Man sollte zeigen, dass es neben Manga noch ein weiteres Medium gibt, das man entdecken kann, und die Begeisterung des Lesens übertragen, auch wenn man auf viele taube Ohren stößt. Ohne das (Kauf)Interesse ist es keinem Verlag möglich, weitere Titel in den deutschen Raum zu bringen.

6 Antworten

  1. Danke für den ausführlichen Artikel. Ich habe das eine oder andere neue über die Thematik gelernt.

    Ich jedenfalls bin Altraverse sehr dankbar für ihre Light Novel. Bisher habe ich mich alle gekauft. Und auch die neuen Novel Lizenzen für das zweite Halbjahr 2020 treffen meinen Geschmack, werden also gekauft.

    Ich habe Light Novels sehr zu schätzen gelernt. Ich mag den Schreibstil. Und ich lese auch viele Serien auf English. Sollte eine davon mal auf deutsch erscheinen würde ich mir sie vielleicht sogar nochmal kaufen.

    Viele spannende Animes und Mangas basieren auf Light Novels aber oft werden die Adaptionen als Anime oder Manga vor dem Ende abgebrochen. Dann bleibt nur die Light Novel.

    Ein weiterer Punkt ist, dass man gewisse Aspekte eben besser als Text erläutern kann. So versteht man Ainz Ooal Gown und seine Handlungen doch gleich besser wenn man die Novel gelesen hat und nicht nur den Anime kennt. (Wobei ich beides liebe 🙂

    Ich hoffe jedenfalls noch auf viele weitere tolle Light Novel Lizenzen. Am besten auf deutsch. English ist aber auch OK.

  2. Ein wirklich sehr schöner und ausführlicher Artikel zu einem Thema, der bei mir selber nicht so auf dem Schirm liegt.
    Bei Light Novels im deutschsprachigen Raum dürfte das größte Problem das Marketing sein. Es ist eine Gattung, die sich in die derzeit geläufigen Schubladen nur schwer zuordnen lässt. So fehlt natürlich das Fundament, um Light Novels entsprechend hierzulande vermarkten zu können. Bin daher auch am grübeln, ob man Light Novels nicht direkt als etwas völlig eigenständiges zu vermarkten. Das ist jedoch natürlich auch mit einem erheblichen Risiko verbunden.

    Bei Mangas dürfte dies damals auch nicht viel anders gewesen sein.

    Ich bin mit dem Thema nicht so vertraut, aber mir fiel bei einigen amerikanischen Light Novel Veröffentlichungen auf, dass sie teils mehr als Jugendliteratur vermarktet werden und vom Cover usw. so aufgemacht sind, dass man diese nicht direkt in die Japan/Manga Schiene hinstellt. Vielleicht könnte das auch ein Weg bei uns sein. Dafür muss man sich aber natürlich von dem Gedanken „Manga und Light Novel gehören zusammen“ lösen. Letztendlich sind deutsche Jugendromane auch nicht viel anders vom Aufbau und der Struktur her als die japanischen Light Novels. Nur unterscheiden sich die Zeichnungen in den jeweiligen Werken vom Stil her natürlich sehr voneinander.

  3. Animespiegel ist vermutlich die Seite mit den besten und ausführlich recherchierten Artikeln. Wie auch wieder dieser hier.
    Sehr schön und sehr informativ.
    Danke für den Hinweis auf die Light Novel: Ich habe mein Leben für 10.000 Yen pro Jahr verkauft
    Habe ich direkt bestellt.
    Ich finde es super wenn man die Möglichkeit hat ein Anime zu lesen, so fühlt es sich für mich jedenfalls an. 😀
    Habe auch gerade bei Egmont Manga geschaut, wenn man im Suchfeld Light Novel eintippt und was findet man? Genau nichts. Schon sehr seltsam das man die Artikel nicht entspricht Verschlagwortet. Freue mich immer über Light Novel Romane bzw. generell Romane in der Richtung aber die zu finden wird einem wie du selbst im Artikel sagst enorm schwer gemacht.

  4. Tatsächlich ein sehr interessanter Artikel. Musste auch bemerken, dasss der Stand der Light Novels hier schwer ist. Habe versucht mit meiner eigenen Light Novel -oder sagen wir um niemanden hier zu triggern Light Novel inspirierten Roman- einen Verlag zu bekommen. Bin nun darüber gegangen es wöchentlich zu uploaden.

    Um mir den Verdacht Werbung zu machen zu ersparen, verzichte ich hier mal auf eine Verlinkung ^^.

    Anyway, ich finde es echt schade, da Light Novels eine sehr interessante Herangehensweise an den klassischen Roman bieten und ich sowieso schon immer japanophil war.

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