Bedeutung von Produktionskomitees in der japanischen Animeindustrie

Die Produktion von Anime ist für Fans oft ein Mysterium. Wie entstehen beliebte Charaktere und welche Rolle spielt die Musik? In dieser Reihe werden diese Fragen beantwortet. Heute geht es um die wirtschaftliche Seite der Produktion: das Produktionskomitee.

Kurz gesagt ist das Produktionskomitee ein Zusammenschluss von mehreren Unternehmen, der die Finanzierung und Umsetzung von Projekten gewährleistet. Doch was genau verbirgt sich dahinter und wie funktioniert es? In diesem Beitrag werde ich genauer darauf eingehen.

Die Planung

Die Planung eines Anime-Projekts umfasst oft die Erwähnung des Produktionskomitees während des Openings oder Endings. Obwohl viele Titel nach dem Schema „Titel X Produktionskomitee“ benannt werden, gibt es auch Fantasienamen. Unabhängig von ihrem Namen erfüllen alle Produktionskomitees den Zweck, die Finanzierung und Verwirklichung eines Projekts zu ermöglichen. Warum sich jedoch Firmen zusammenschließen würden, um einen Titel zu finanzieren, ist eine berechtigte Frage. Im Wesentlichen gibt es zwei Hauptgründe: Risikominimierung und Erfahrung im Bereich.

Im Grunde genommen müssen bei der Produktion eines Anime sämtliche Kosten vom Produzenten getragen werden, wenn der Titel ein finanzieller Misserfolg ist. Natürlich gibt es Ausnahmen wie Studio Sunrise’s Love Live oder Studio Khara mit den Rebuild of Evangelion-Filmen – diese sind jedoch sehr selten. Cygames‘ Shingeki no Bahamut gehört ebenfalls zu den Ausnahmen.

Das Risiko spielt immer eine Rolle

Das Risiko ist immer präsent bei der Produktion von Anime-Titeln, besonders bei den großen. Es gibt jedoch die Möglichkeit, das Risiko auf verschiedene interessierte Unternehmen aufzuteilen, um das finanzielle Risiko zu minimieren. Obwohl der Gewinn in diesem Fall für alle beteiligten Parteien geringer ist, ist das Risiko, ein Minusgeschäft zu machen, ebenfalls geringer.

Bei der Produktion von TV-Serien, Filmen und OVAs sind viele Ressourcen, Kontakte und Konzepte erforderlich. Es kann sehr teuer sein, dies alles eigenständig zu recherchieren und zu verhandeln, daher schließen sich Unternehmen zu Komitees zusammen, um die Kosten zu teilen. Neben den Animationsstudios, die sich auf die Produktion spezialisiert haben, gibt es Unternehmen, die exzellent im Merchandising, bei Live-Auftritten und bei DVD/BR-Verkäufen sind. Wenn zum Beispiel eine Musikfirma und ein Zeitungsverlag in einem Komitee sind, konzentriert sich die Musikfirma auf musikalische Aufgaben wie Soundtracks, Openings und Endings, während sich der Zeitungsverlag auf Werbung in Zeitschriften konzentriert.

Fast jeder Anime-Titel wird von einem solchen Komitee finanziert, sei es für Spätabend- oder Tagesfernsehen. Aber wie sind solche Vereinbarungen entstanden, dass sich Unternehmen zusammenschließen und den Gewinn aufteilen?

Studio Ghibli waren die Vorreiter

Die ersten Anime-Produktionen, die mir bekannt sind, waren „Nausicaä aus dem Tal der Winde“ (1984) und „Akira“ (1988), beide von Studio Ghibli. „Akira“ hatte ein Produktionskomitee aus folgenden Firmen: Kodansha (Mangavertrieb), MBS (TV-Sender), Bandai (Spielzeughersteller), Hakuhodo (PR-Firma), TOHO (Filmstudio), Laserdisc (Entwicklungsstudio für CDs), Sumimoto Shoji (Handelskette) und TMS Entertainment Limited (Filmproduktionsfirma für Anime). Bei „Nausicaä aus dem Tal der Winde“ waren es nur Tokuma Shoten (Vertrieb) und Hakuhodo (PR-Firma).

Allerdings waren diese Produktionskomitees zunächst nur bei Filmen üblich. Es war erst 1992 mit „The Irresponsible Captain Tylor“, dass auch TV-Serien solche Komitees nutzten. Mit dem großen Erfolg von „Neon Genesis Evangelion“ wurde das Produktionskomitee schließlich zum Standard in der heutigen Animeindustrie.

Anzahl beteiligter Firmen variiert

Die Anzahl der beteiligten Firmen in einem Produktionskomitee variiert je nach Titel. Während es bei Nausicäa nur zwei beteiligte Firmen gab, können es bei anderen Titeln mehr als zehn sein. Die Risikoverteilung wird vertraglich festgelegt, sodass nicht immer eine gleichmäßige Risikoaufteilung vorliegt. Es lässt sich jedoch einschätzen, welche Firmen am meisten in das Projekt investieren, indem man die Position der Firmen auf der Komiteeliste betrachtet. In der Regel sind die Animestudios in Produktionskomitees vertreten, jedoch gibt es Ausnahmen wie Toei Animation, die ihre Titel meist selbst finanzieren und produzieren.

Bedeutung von Komiteelisten

Die Position der Firmen auf der Komiteeliste zeigt uns, welche Firma das größte Risiko eingeht und wer am meisten in das Projekt investiert. Es gibt auch Hinweise darauf, welche Kontakte und Beziehungen zwischen den Firmen bestehen und wer die Rechte für den internationalen Vertrieb besitzt. Wenn Firmen wie Aniplex, Kodansha oder TBS auf der Liste stehen, haben sie die Entscheidungsgewalt darüber, wann, wo und wie die Titel im Ausland gezeigt werden.

Schlusswort

Die Analyse von Komiteelisten kann uns viele Einblicke in die japanische Animeindustrie geben. Die nächste wichtige Frage, die beantwortet werden muss, sind die verschiedenen Berufsbezeichnungen der Animemacher. Key Visuals, Art Directors und andere Berufe spielen eine wichtige Rolle in der Animeproduktion.

6 Antworten

  1. Shirobako war der Grund warum ich mich angefangen habe mit dem ganzen Kram mehr auseinanderzusetzen – Ich nehme an, dass wir Shirobakos Annual Income Chart auch noch sehen werden oder? – , aber ich bin sicher, dass ich aus der Serie hier einiges mitnehmen kann, dass ich bis jetzt noch nicht wusste. Freue mich schon auf mehr. Ich finde es ziemlich interessant wie viele Firmen teilweise in die Produktion involviert sind.

    Mir ist ausserdem aufgefallen, dass du zum Blocktext gewechselt hast. Aber irgendwie nur für die Hälfte des Textes. Was ist da passiert?

    1. Ich habe Shirobako seit Release auf meiner „angefangen“-Liste eingetragen weil ich auf den deutschen Release warten wollte – welcher ja zum Glück gekommen ist. Ich gehe deshalb nach dem dt. Release und kaufe mir alle Boxen. Aber ich denke es wird mit SIcherheit noch drankommen. Nach Shirobako ist soviel ersichtlicher in der Industrie geworden.

      Hatte eigentlich den kompletten Text markiert…gnaaa wordpress mal wieder. Ist gefixt, danke! Und ja, das mit dem Blocktext kam von dir ^-^

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