Die Produktion eines Anime ist für den Animefan immer ein riesiges Mysterium. Wie werden die Lieblingscharaktere ins Leben gerufen? Wie kommt es zur brachialen Musik? Was beachten die Japaner bei der Produktion? Wer steckt dahinter. All das möchte ich mit dieser Reihe beantworten. Heute geht es um die wirtschaftlichen Seite: Das Produktionskomitee.
Kurzgefasst kann man das Produktionskomitee als Zusammenschluss mehrerer Firmen sehen um die Finanzierung sowie Verwirklichung von Projekten zu gewährleisten. Da damit aber absolut nichts erklärt ist, wird dies ein längerer Beitrag.
Die Planung
Oft sieht man die Erwähnung während dem Opening sowie Ending. Zwar werden viele Titel nach dem Schema „Titel X Produktionskomitee“ benannt, jedoch gibt es auch viele Fantasienamen (welche mir aktuell keine einfallen – aber es gibt sie!). Egal wie sie heißen – sie erfüllen alle den gleichen Zweck um die Produktion eines Titels zu ermöglichen. Nun fragt man sich natürlich, wieso denn überhaupt Firmen sich zusammenschließen würden um einen Titel zu finanzieren. Im Endeffekt gibt es mehrere Gründe, jedoch sind zwei die Hauptgründe: Risikominimierung und die Erfahrung im Gebiet.
Prinzipiell lässt sich sagen das wenn ein Anime produziert wird, sämtliche Kosten auf diese sitzen bleiben wenn der Titel ein finanzieller Misserfolg ist. Natürlich gibt es Ausnahmen wie Studio Sunrise’s Love Live oder Studio Khara mit den Rebuild of Evangelion-Filme – diese sind jedoch die absolute Ausnahme. (Cygames mit Shingeki no Bahamut würde z.B: ebenfalls noch dazu gehören.)
Das Risiko spielt immer eine Rolle
Für die größten Titel jedoch ist eine Produktion immer mit dem Risiko behaftet das diese floppen. Wieso sollte also nur ein Studio daran haften und somit das größte Risiko bringen, wenn es auch die Möglichkeit gibt, das Risiko innerhalb verschiedener, interessierten Firmen aufzuteilen. Wird der Titel ein Erfolg, gibt es zwar weniger Gewinn für alle Beteiligten, jedoch ist der Risikofaktor ein Minusgeschäft zu machen geringer.
Ein weiterer, eher kleinerer Punkt ist die Tatsache das man eine TV-Serie / Film / OVA produziert sehr viele Ressourcen, Kontakte und Konzepte benötigt werden – diesen Punkt werden wir uns in einem späteren Beitrag widmen. Jedenfalls kann man durch diese Unmengen sehr teuer eigenständig Recherche sowie Verhandlungen führen oder man schließt sich wie der Titel sagt zu einem Komitee zusammen. Neben Animestudios welche sich auf einer Produktion spezialisiert haben, gibt es Firmen welche exzellent sind, sich um Merchandise, um Liveauftritte sowie DVD/BR-Verkäufe zu vertreiben. Hat man zum Beispiel eine Musikfirma und einen Zeitungsverlag im Komitee, fokussiert sich die Musikfirma lediglich um die musikalischen Aufgaben (Soundtrack, Opening, Ending, etc) und der Zeitungsverlag um die Werbung in jenen Zeitschriften.
Solche Zusammenschlüsse gibt es beinahe für jede Anime Produktion – sei es Spätabends oder im Tagesfernsehen. Doch wie kam es zu solchen Vereinbarungen, dass sich Firmen zusammenschließen und den Gewinn aufteilen?
Studio Ghibli waren die Vorreiter
Die ersten mir bekannte Anime war die Studio Ghibli-Produktion Nausicäa im Tal der Winde (1984) sowie Akira (1988).
Akira hatte folgende Firmen als Komitee:
- Kodansha (Mangavertrieb)
- MBS (TV-Sender)
- Bandai (Spielzeughersteller)
- Hakuhodo (PR-Firma)
- TOHO (Filmstudio)
- Laserdisc (Entwicklungsstudio für CDs)
- Sumimoto Shoji (Handelskette)
- TMS Entertainment Limited (Filmproduktionsfirma für Anime)
Bei Nausicäa im Tal der Winde waren es folgende Firmen:
- Tokuma Shoten (Vertrieb)
- Hakuhodo (PR-Firma)
Dies galt jedoch nur für Filme. Bei TV-Serien war es erst 1992 mit The Irresponsible Captain Tylor) so weit. Nach und nach und mit dem großen Erfolg von „Project E.V.A.“ (welcher Titel damit gemeint ist) wurden Produktionskomitees zum Standard – bis zur heutigen Animeindustrie.
Anzahl der mitwirkenden Firmen unterschiedlich
Wie viel Firmen in einem Komitee mitwirken ist von Titel zu Titel unterschiedlich. So gibt es wie bei Nausicäa lediglich zwei Firmen, welches eins bilden aber auch Fälle wo mehr als 10 Firmen gleichzeitig mitwirken. Die Risikoaufteilung ist jedoch vertraglich genau definiert, weshalb man nicht sagen kann das bei vier Firmen eine Risikoverteilung von 25% jeweils existiert – jedoch ist es möglich einzuschätzen, welche Firmen am meisten in das Projekt investieren.
Schaut man nämlich auf die der in den Endings genannten Komiteeliste kann man sagen das die Firma, welche ganz oben steht am meisten investiert hat und die an letzter Stelle am wenigstens. So ist es bei dem Anime Classroom of the Elite, welcher in der Summer Season 2017 so, das Kadokawa Media Factory mit Cruchyroll die höchstplatzierten in dem Ranking sind und das Kadokawa Media House (Zweigstelle von Kadokawa) neben dem Animationsstudio die niedrigplatziertesten.
Wie man bei Akira sehen konnte sitzen die Animestudios generell mit im Boot bei einem Produktionskomitee, aber es gibt auch Ausnahmen – so sind die Titel von Toei Animation alle meistens selbstproduziert und finanziert, da sie die kompletten Rechte der TV-Serie für sich besitzen – zwar besaßen diese mit Sailor Moon Crystal auch ein Komitee, jedoch bestand es aus Kodansha (dem Mangaverlag von Sailor Moon) und Toei selbst.
Aber es gibt auch größere Ausnahmen wie Kyousogiga – es kann nur wirtschaftlichen Vorerfolg sowie finanzielle Grundlagen geben wenn das Animestudio selbst an erster Stelle im Komitee sitzen würde – heutzutage schaffen das lediglich Animestudios wie Toei Animation, TMS Entertainment, Pierrot, Sunrise, Production I.G. und Kyoto Animation. Für alle anderen Animestudios kann man sagen das solche Spitzenpositionen ein grundsätzliches Tabu sind.
Schlusswort zum Produktionskomitee
Was sagt uns nun das ganze? Je nach Platzierung der Firma zeigt uns die Risikobereitschaft, welche aufgenommen wird um den jeweiligen Titel zu produzieren. Wenn du das Kommitee anführst, ist deine Firma bereit diese (wirtschaftlichen) Risiken anzuführen – auch sagt es uns aus, wie die Kontakte unter den Firmen aussehen. Wie jeder große Wirtschaftszweig, sei es im Westen oder Asien kommt es drauf an wen du kennst, mit wem du gut klar kommst und wo die Kooperation am einfachsten sind. Auch kann uns solch eine Komiteeauflistung sagen, welche Rechte für den Vertrieb auf internationaler Ebene besitzen. Wenn man Firmen wie Aniplex, Kodansha oder TBS im Komitee sitzen sieht – diese Firmen entscheiden, wer, wann, wie, und wo diese Titel im Ausland gezeigt werden dürfen.
Ich hoffe, euch konnte diese kleine Einleitung in die Welt der japanischen Animeindustrie einige Fragen klären. Der nächste Punkt den ich angehen möchte sind die Berufsbezeichnungen der Animemacher – Key Visuals, Art Directors etc sind auch ein riesiges Thema, welches behandelt werden sollte bevor man sich an die eigentliche Produktion wagt.
Shirobako war der Grund warum ich mich angefangen habe mit dem ganzen Kram mehr auseinanderzusetzen – Ich nehme an, dass wir Shirobakos Annual Income Chart auch noch sehen werden oder? – , aber ich bin sicher, dass ich aus der Serie hier einiges mitnehmen kann, dass ich bis jetzt noch nicht wusste. Freue mich schon auf mehr. Ich finde es ziemlich interessant wie viele Firmen teilweise in die Produktion involviert sind.
Mir ist ausserdem aufgefallen, dass du zum Blocktext gewechselt hast. Aber irgendwie nur für die Hälfte des Textes. Was ist da passiert?
Ich habe Shirobako seit Release auf meiner „angefangen“-Liste eingetragen weil ich auf den deutschen Release warten wollte – welcher ja zum Glück gekommen ist. Ich gehe deshalb nach dem dt. Release und kaufe mir alle Boxen. Aber ich denke es wird mit SIcherheit noch drankommen. Nach Shirobako ist soviel ersichtlicher in der Industrie geworden.
Hatte eigentlich den kompletten Text markiert…gnaaa wordpress mal wieder. Ist gefixt, danke! Und ja, das mit dem Blocktext kam von dir ^-^
[…] ich nun über das Produktionskomitee gesprochen habe, sollte man nun damit beginnen zunächst die Jobdefinitionen in einem Animestudio zu […]
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