Anime und die generelle Diskussion um Animation sind Themen, die schon immer eine gewisse Würze besessen haben. Sei es die Diskussion um die Animationsqualität oder Dinge wie Anime versus Cartoon. Mittlerweile ist auch Outsourcing in dieser Diskussionskultur ein Thema geworden. Was es damit auf sich hat, was dabei schief gehen kann und wie man es richtig macht, erfahrt ihr hier.
Zunächst sollte man erklären, was Outsourcing laut Definition bedeutet: „Auslagerung von bisher in einem Unternehmen selbst erbrachten Leistungen an externe Auftragnehmer oder Dienstleister“.
Outsourcing ist vor allem aus China bekannt
Wenn ein Unternehmen wächst, entsteht auch ein enger Arbeitsplan, der oft nur durch schnelle (und dafür qualitativ minderwertige) Endprodukte ausgeglichen werden kann. Es ist nur natürlich, dass man versucht, diese Auftragsarbeiten anderweitig zu produzieren – je nach Produkt ist das dann ein Aufwand oder Gegenstand, der sich schneller oder einfacher produzieren lässt als andere Dinge.
Im Bereich der Anime-Wirtschaft lässt sich das vor allem im Bereich der Animation erkennen. Durch eine Fülle von Titeln, die produziert werden (pro Saison sind das immerhin bis zu 60 Serien), sowie dem aufkommenden Termindruck, ist es mitunter unvermeidbar, diverse Aufgaben von anderen Studios erledigen zu lassen.
Die Ergebnisse sind für uns als Zuschauer normalerweise nicht ersichtlich – es sei denn, es kommt zu schwerwiegenden Produktionsfehlern, die durch mehrere Pausen der Sendung oder einer erhöhten Anzahl an Recap-Episoden ausgeglichen werden müssen, um diese Fehler noch korrigieren zu können. Diverse Titel habe ich bereits in meinem Beitrag „Schwierigkeiten des Animeprozesses“ erläutert.
Doch gerade das Thema der Animation ist viel mehr als nur Produktionsschwierigkeiten, Sakuga oder dergleichen. Die Animationsindustrie generell – sei es im Westen oder in Asien – ist vor allem eins: ein riesiger Topf an Animatoren, die es schaffen, mit Leib und Seele dem zugewiesenen Projekt ein Gesicht zu geben – unabhängig von der Sprachbarriere oder einem unmenschlichen Zeitdruck. Hiermit möchte ich euch drei Serien zeigen, an denen viele verschiedene Nationen zusammengearbeitet haben, um Szenen zu produzieren, die sofort einen Erkennungswert haben.
Drei Serien als Beispiel
Steven Universe ist eine US-amerikanische TV-Serie, die seit 2013 von Cartoon Network produziert wird und dem Comedy-Genre zuzuordnen ist. Neben der Tatsache, dass die Serie einen Charakter namens Steven hat, kann ich sie auch wärmstens Anime-affinen Zuschauern empfehlen, da die Episoden maximal 11 Minuten lang sind.
Eine Besonderheit von Steven Universe ist, dass Takafumi Hori in Staffel 4, Episode 4 an den Animationen mitgearbeitet hat. Hori ist mittlerweile als Animator bei Studio TRIGGER tätig und hat unter anderem an folgenden Anime mitgewirkt:
- Little Witch Academia (TV) – Animation Director
- Hajime no Ippo – „Schlüsselbildzeichner“ (Key Animation)
- Fairy Tail, Film 1 – „Schlüsselbildzeichner“ (Key Animation)
- Kill la Kill – Assistent des „Animation Director“
Hierbei handelt es sich unter anderem um folgende Szenen:
Folgende Keyframes sind aus dem offiziellen Artbook von Steven Universe zu entnehmen:
Mit dem kommenden Beispiel wurde sogar massiv Werbung betrieben, weshalb diese Erwähnung eigentlich selbstverständlich ist – gerade bei diesem Thema.
The Amazing World of Gumball ist eine seit 2011 produzierte, britisch/US-amerikanische Zusammenarbeit, ebenfalls von Cartoon Network in Auftrag gegeben. Die Serie lässt sich dem Genre Comedy zuordnen.
Das Produktionsteam von Gumball hatte ursprünglich die Idee, ebenfalls das Studio TRIGGER aufzusuchen, was allerdings daran scheiterte das der Terminkalander des Studios zum Zeitpunkt komplett ausgebucht war (TRIGGER arbeitete da unter anderem an Space Patrol Luluco & Kiznaiver).
Deshalb wurde hierfür das Studio 4°C (Berserk: Golden Age Arc, Mind Game, Tekkon Kinkreet) beauftragt, die Szenen zu animieren:
Leider wurde folgende Szene nur mit der Co-Produktion von 4°C beworben – einigen Gerüchten bzw. Kommentare zufolge war unter anderem Tokuyuki Matsutake für das Charakterdesigns zuständig. Dieser ist vor allem bei folgenden Titel tätig gewesen:
- Higurashi no Naku Koro ni Kai – Key Animation
- Dimension W – Charakterdesign
- Das Mädchen das durch die Zeit sprang – Key Animation
Auch gibt es keinerlei Konzeptzeichnungen zu dieser Szene, was um so ärgerlicher ist und wir deshalb weiter ziehen mit dem dritten und aktuellsten Titel:
Boruto: Naruto Next Generations ist der offizielle Nachfolger von Naruto Shippuden und handelt von Boruto, Narutos Sohn. Seit April 2017 wurden bisher 65 Episoden veröffentlicht und generell lässt sich sagen, dass bei einer Long-Runner-Serie wie dieser oft Outsourcing betrieben wird. Studio Pierrot nutzt diese Chance jedoch auch, um Animationstalente aus aller Welt die Möglichkeit zu geben, an einem Prestige-Titel mitzuarbeiten. Besonders die aktuellste Episode, #65, sticht durch die Mitwirkung mehrerer unabhängiger Animateure hervor.
Nun folgt eine Liste der Animateure, die an dieser Folge beteiligt waren:
Storyboard & Episode Director
Chengxi Huang (China)
Key Animation
Golge, Ida Bagus Yoga (Indonesien), Spencer Wan (USA), Gem, Till (Kanada), Hartova Maverick (Philippinen), David Bradshaw (USA), Hero, Kilocrescent (China),
Shi Juan Sheng, Shū Hiromatsu, Shho, Ma Gua, Ren Onodera, Sute, Shin’ya Kaneko, Green Monster Team (China), Guang Xue Hexin, Opticalcore (China), Liu Zhen Hua
Image Board Cooperation
Gao Jia Hui
(Ich habe die verschiedenen Aufgabenbereiche bereits in einem Zweiteiler erläutert.)
Mit 510 Schnitten für die Key Animation bzw. In-Between Frames ist diese Folge überdurchschnittlich aufwändig produziert. Eine durchschnittliche TV-Serie hat ungefähr 300 Schnitte pro Episode, je nach Produktionskosten und Szenen.
Es wäre zu viel, jede einzelne Szene dieser Folge den Animateuren zuzuordnen. Deshalb beschränke ich mich auf drei bis vier Szenen:
Szene 1
Szene 2
Dies waren nun drei Serien, die veranschaulichen, inwieweit Animationsstudios weltweit kooperieren können. Zwar gibt es noch Fälle wie „Miraculous“, bei denen behauptet wird, dass Toei Animation direkt an der Serie beteiligt sei, aber ich konnte außer einem 2D-Werbevideo und der Funktion des beratenden Supervisors nichts finden.
Ob es aufgrund von Personalmangel oder zur Erweiterung der Kreativität ist, das Thema Outsourcing ist stark an die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Landes bzw. dessen Industrie gebunden. Es ist kein Wunder, dass Japan durch das „Young Animator Project“ oder das „Animator Dormitory Project“ dem Outsourcing entgegenwirken möchte.
Diese Beispiele zeigen, welche Art von Zusammenarbeit möglich ist, ohne die Qualität des Endprodukts zu beeinträchtigen. Natürlich könnte ich das Thema Outsourcing genauer betrachten, aber ich wollte nicht zu sehr ins Wirtschaftliche abdriften. Ich hoffe jedoch, dass meine Botschaft rüberkommt. Es ist einerseits traurig zu sehen, wie viel aus Kostengründen außerhalb von Japan produziert wird, aber andererseits kann es auch andersherum funktionieren.