Wie Animefans mit Falschmeldungen reingelegt werden

Egal, ob es Attack on Titan, Sword Art Online oder No Game No Life ist: Wenn man einen Anime beendet und sich in den Titel verliebt, ist alles perfekt – flüssige Animationen, umfangreiche Story und glaubwürdige Charaktere. Aber leider ist die Serie zu Ende und man fragt sich, wie es mit einer Fortsetzung aussieht. In diesem Artikel möchte ich erklären, wie Betrüger diese Frage ausnutzen und dich überraschen werden.

Zahlreiche Beispiele im World Wide Web

Wenn du deine Suchmaschine öffnest und nach „Anime Fortsetzung“ suchst, findest du unzählige Seiten mit vermeintlichen Informationen über die Fortsetzung deiner Lieblingsserie.

Es spielt keine Rolle, ob du auf Deutsch oder Englisch suchst, das Ergebnis auf der ersten Seite von Google ist fast immer das Gleiche. Jede beliebte Serie kann betroffen sein. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Betrüger arbeiten, werde ich jetzt drei Beispiele von Artikeln analysieren, die über vermeintliche Fortsetzungen von The Asterisk War, Classroom of the Elite und No Game No Life berichten.

Drei Anime – drei Artikeltypen. Ein Ziel

Classroom of the Elite: Der Aufgeblähte

Die ersten drei Absätze des Artikels zu Classroom of the Elite zeigen nicht nur das Besondere des Anime auf, sondern erklären auch, auf welcher Vorlage der Anime basiert und seit wann diese in Japan veröffentlicht wird. Anschließend folgt die Information, wo Animefans in der Light Novel weiterlesen können. Danach folgt die erste Spekulation mit der Aussage, dass es bereits genügend Stoff zum Animieren gibt und dass einer Fortsetzung nichts im Wege steht. Denn niemand mag offene Enden! Laut des Artikels gibt es bei Classroom of the Elite also Material für mindestens zwei weitere Staffeln.

Erst im vierten Teil des Artikels wird die eigentliche Frage beantwortet. Allerdings erst im letzten Satz.

The Asterisk War: Der Abdeckende

Der Artikel zu The Asterisk War geht einen ähnlichen Weg. Während die ersten beiden Absätze erneut nur allgemeine Informationen zur Light Novel und Anime-Adaption weitergeben, greift man das Thema der Fortsetzung schon im dritten Abschnitt auf und führt es im vierten weiter.

Abschließend werden Informationen zum Streaming sowie zur Story inklusive Vorstellung der Hauptcharaktere gegeben. Dafür wird je Person ein Absatz verwendet.

No Game No Life: Das absolute Minimum.

Zu guter Letzt, auch wegen der großen Popularität: No Game No Life. Der Artikel zum Isekai-Hit kommt schnell zum Punkt. Während der erste Absatz nur die nötigsten Informationen bereithält, erfährt man in den beiden darauffolgenden Unterpunkten, wie es um eine Fortsetzung steht. Anschließend erfolgt ebenfalls eine Storyzusammenfassung.

Oft viel Text, aber meistens nichts dahinter

Alle drei Artikel befassen sich mit dem gleichen Thema, jedoch geht jeder seinen eigenen Weg, um dem Nutzer die Informationen darzustellen. Während der Artikel zu No Game No Life das Mindestmaß an Informationen bietet, gehen die Beiträge zu Classroom of the Elite und vor allem The Asterisk War den umständlichen, aufgeblähten Weg. Die Informationen, die der Leser sucht, befinden sich inmitten des Textes. Bei The Asterisk War muss man 206 Wörter lesen, bevor man zur eigentlichen Information gelangt. Bei Classroom of the Elite sind es sogar 487 Wörter. Im Vergleich dazu besteht der Text zu No Game No Lif“ nur aus 311 Wörtern, und man erreicht die benötigte Information nach 58 Wörtern.

Außerdem erschwert der Autor des Artikels zu Classroom of the Elite es dem Leser, den Text zu überfliegen, indem er nach jedem Absatz ein Bild des Anime hinzufügt. Dadurch muss man beim Überfliegen immer wieder von vorne beginnen. Trotzdem besteht der wahre Informationsgehalt dieser Artikel praktisch bei Null.

Was machen diese Artikel falsch?

Bei aller Kritik gibt es auch Texte, die nützliche Zusatzinformationen bieten. Im Beitrag zu „lassroom of the Elite erfährt man zum Beispiel, ab wann man in der Light Novel weiterlesen muss, um zu erfahren, wie es weitergeht. Solche Info-Häppchen sind nett gemeint, aber deshalb klickt man nicht auf solche Seiten. Man möchte wissen, wann Serie X weitergeht. Und hier bedienen sich alle drei Artikel bzw. Seiten dem gleichen Trick: Man wirft lediglich ein Datum in den Raum.

Denn Anime haben einen festen Veröffentlichungsrythmus. Oft werden diese mit den englischen Begriffen „Cour“ und „Season“ beschrieben. Während „Cour“ eine Art Episodenanzahl „vorgibt“ (zwischen 11 und 13 Episoden pro Cour) und nicht mit der Zahl der Staffeln identisch ist (eine Staffel kann mehrere Cours umfassen), beschreiben die „Seasons“ den Zeitraum der Veröffentlichung. Dieser ist bei regulären TV-Anime:

  • Winter Season: Januar, Februar, März.
  • Spring/Frühling Season: April, Mai, Juni.
  • Summer/Sommer Season: Juli, August, September.
  • Fall/Herbst Season: Oktober, November, Dezember.

TV-Anime werden bis auf einzelne Ausnahmen ab den Anfangsmonaten der jeweiligen Season ausgestrahlt, sprich Januar (Winter), April (Frühling), Juli (Sommer) und Oktober (Herbst). Die Newsseiten, um die es in diesem Artikel geht, werfen jedoch oft nur das Jahr in den Raum. Alle drei Seiten spekulieren auf eine Fortsetzung in diesem oder im kommenden Jahr. Allerdings fällt eine Veröffentlichung in diesem Herbst beachtet man den regulären Anime-Produktionsrhythmus flach, da nicht einmal eine Ankündigung existiert. Auch eine späte Herbst-Ausstrahlung (im Dezember) wäre ohne Werbung unmöglich.

Es ist schwer, diesen Argumenten entgegenzutreten

Das Problem besteht darin, dass es sich oft um Aussagen handelt, die sich immer irgendwie rechtfertigen lassen. Denn wenn nach der Veröffentlichung des Artikels eine Ankündigung oder Veröffentlichung erfolgt, hatte die Seite am Ende ja irgendwie Recht! Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, wird das Datum einfach auf das nächstbeste umgeschrieben. Dies zeigt sich sehr gut im Artikel zu The Asterisk War. Der Artikel erschien ursprünglich im August 2018 mit einem geplanten Veröffentlichungsdatum zwischen 2019 und 2020. Bekanntlich wurde aus dieser Ausstrahlung jedoch nichts. Anschließend wurde im Mai 2019 ein neuer Artikel veröffentlicht, in dem das Veröffentlichungsdatum auf Ende 2020 mit Aussicht auf 2021 umgeschrieben wurde.

Wenn man versucht, diesem Fan die Mogelei zu erklären, bekommt man oft die flapsige Antwort „dass die Hoffnung zuletzt stirbt“ und „es ja trotzdem stimmen kann“.

Es werden Begründungen in den Raum geworfen, die offiziell nicht genannt wurden.

Einen Schritt weiter geht der kurze Artikel zu No Game No Life. Dort wird nicht nur über einen aus der Luft gegriffenen Zeitraum spekuliert, der als Tatsache dargestellt wird, sondern auch Corona wird als Grund für eine verspätete Veröffentlichung genannt. So klingt es, als ob die Produktion einer Fortsetzung schon lange im Gange wäre. Das Problem an dieser Geschichte ist jedoch, dass man nur über Gerüchte oder angebliche Leaks vorab erfährt, ob sich ein Anime in Produktion befindet. Quellen, die diese Aussagen belegen, findet man, wie so oft bei diesen Beiträgen, nicht.

Und ja: Corona hat auch in der Anime-Industrie für viele Probleme gesorgt. Das zeigt sich nicht nur am stark ausgedünnten Programm der Sommer-Season, sondern auch an der Qualität, die improvisiert werden musste.

Leseempfehlung: So wird Anime während Corona synchronisiert!

Natürlich kann dies auch auf die Spitze getrieben werden. Während die Corona-Begründung bei angekündigten Titeln durchaus ihre Berechtigung hat, gehen andere Seiten noch einen Schritt weiter. Bisher wurde nur über mögliche Termine spekuliert. Dort werden die Zeiträume jedoch als Tatsache dargestellt, als wäre die Fortsetzung bereits angekündigt worden. Das Kuriose dabei ist: Oft handelt es sich um Anime-Titel, die derzeit laufen und noch nicht einmal abgeschlossen sind.

Die Newsseiten: Eine Mischung aus (Fake) News und regulären Nachrichten?

Schaut man sich die News-Seiten und Blogs genauer an, die diese Art von Artikeln publizieren, findet man eine große Bandbreite an Themen, egal ob es sich um Gaming, Filme, TV-Serien oder Prominente handelt. Der Pool an Themen, aus denen gefischt wird, ist immens.

Dass eine Newsseite, die sich auf Kinofilme spezialisiert hat, auch Anime behandelt, ist kein Verbrechen. Doch dass eine Homepage mit „Finanzen“ im Domainnamen über das Nischenthema Anime aufklären und dabei als verlässliche Newsquelle agieren soll, darf durchaus angezweifelt werden. Es wird noch schwieriger, gegen solche Seiten zu argumentieren, wenn man bedenkt, dass sie richtige Ankündigungen und News mit den Falschmeldungen vermischen.

Auch deutsche Seiten nutzen wissentlich Falschmeldungen und schüren Hoffnung

Leider ist das ganze Thema nicht nur auf den englischen Sprachraum beschränkt. Auch in Deutschland gibt es diverse Internetseiten, die das Thema aufgreifen. Oft lesen sich die Artikel wie eine übersetzte Kopie der englischen Originale, doch der Informationsgehalt geht auf Deutsch gegen Null. Zwar sind es nur wenige Seiten, die solche Methoden betreiben, aber sie sind vorhanden und damit sehr erfolgreich.

Weshalb wird der ganze Aufwand betrieben?

Nun fragt man sich natürlich: Wieso agieren die Seitenbetreiber und Autoren so? Was haben (vermeintliche) Anime-Fans davon, Gleichgesinnte anzulügen und sie in die Irre zu führen? Die Antwort ist relativ einfach: Die Seite soll relevant bleiben.

In der heutigen Zeit reicht es nicht, einfach als Anime-Fan eine Seite zu starten und anschließend über das Lieblingshobby zu berichten. Irgendwann stellt man sich die Frage, was man mit der Seite erreichen möchte: Viele Menschen erreichen oder nur für sich oder die kleine Freundes-Bubble schreiben? Gerade um Ersteres zu ermöglichen, muss man nicht nur Geduld mitbringen, sondern auch wissen, wie der Leser tickt.

Über die Jahre hinweg hat sich vor allem die Suchmaschine Google etabliert. Mittlerweile wird alles ergoogelt, das Wort wurde sogar im Duden aufgenommen. Dementsprechend ist ein Platz auf der ersten Ergebnisseite heiß begehrt. Sämtliche Ergebnisse, die ab der zweiten Seite erscheinen, verlieren massiv an Klick- und Besucherzahlen. Um das beste Ergebnis zu bekommen, wird SEO verwendet. SEO (Search Engine Optimization, Suchmaschinenoptimierung) bezeichnet die Maßnahme, den Rang einer Website in den Suchergebnissen von Suchmaschinen (wie etwa Google, Bing, Yahoo) zu verbessern. Dazu sind die sogenannten Keywords essenziell. Ohne diese Schlüsselwörter werden Beiträge von den Suchmaschinen nicht als relevant erkannt.

Keywords – die Waffe des SEO

Keywords sind nichts anderes als die alltäglichen Suchbegriffe, die jeder Mensch in Google und Co eingibt. Je mehr Menschen über diese Keywords den Artikel finden und anklicken, desto besser ist die Platzierung in Google. Auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen: Anime ist immer noch eine Nische.

Und jeder kennt das Gefühl, das ganz am Anfang erwähnt wurde. Man möchte wissen, wie es um eine Fortsetzung der eigenen neuen Lieblingsserie steht. Ein gefundenes Fressen also für jene, die nach einfachen Keywords suchen, um eine gute Platzierung zu erreichen. Deshalb steckt auch relativ wenig Arbeit in dieser Art von Fake News. Es wird nur eine Mindestanzahl an Wörtern und ein unheimlich beliebter Anime benötigt. Verwendet man dann noch ein Schema, das sich beliebig oft wiederholen lässt, hat man einen erfolgreichen Artikel für Google und Co geschrieben.

Oft erkennt man schnell die Absichten eines Beitrags, wenn man sich die Artikeltitel genauer anschaut. Der Animename ist an erster Stelle SEO-technisch immer Pflicht. Auch wird mit Zusätzen wie „Season 2 Release Date, Trailer“ suggeriert, dass bereits Informationen oder Material existieren.

Beste Anlaufstellen für News aus dem Bereich Anime, Manga und J-Games

Es gibt aber zum Glück nicht nur schwarze Schafe im Anime-Newsbereich. Der Animefan kann aus einer großen Auswahl an Online-Magazinen, YouTubern und Bloggern auswählen, woher er seine News beziehen möchte.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass gerade die deutschen Seiten viele Nachrichten aus dem Englischen übersetzen, oft auch direkt über die japanische Quelle. Geht es um deutsche Lizenzen oder anderweitige News, agieren alle Seiten gleich, und man kann hier nach eigenen Präferenzen gehen (Schreibstil, usw.). Hier sind einige deutsche Seiten:

Vor allem für deutsche Lizenznews lohnt es sich aber, die Social-Media-Kanäle der Publisher und Verlage im Auge zu behalten. Viele bieten auch (un)regelmäßige Newsletter an, mit denen man abseits der genannten Kanäle im deutschen Raum informiert wird.

Auf Englisch sieht das ganze Thema komplett anders aus; man kann auf Nutzer und Seiten zurückgreifen, welche unter anderem für Leaks und andere Vorabinformationen (vor allem aus dem chinesischen Raum) bekannt sind.

  • Anime
    • A.I.R (Anime Intelligence (and) Research) (Twitter)
  • Manga
  • Anime, Manga, J-Games

Egal welche Quellen man nimmt, natürlich sind auch diese nicht immer akkurat. Aber: Nicht nur werden Fehler schnell ausgebügelt, auch Gerüchte werden nur mit Bedacht verbreitet. Was aber definitiv niemand macht: reine Spekulation setzen und irgendwelche Daten nennen.

Was lernen wir aus der Story?

Eigentlich wäre es unnötig, so einen Beitrag zu schreiben, wenn es nicht Animefans gäbe, die sofort jede Aussage glauben. Leider gibt es viele, die danach gehen, vor Vorfreude platzen und dann diese Falschmeldung unwissentlich weiter teilen. Auf Kritik wird anschließend nur ungern gehört. Generell gilt, auch bei Animenews: bitte doppelt kontrollieren. Entweder bei den oben genannten Seiten oder über die Community selbst.

2 Antworten

  1. Vielen Dank für die sachliche Beschreibung der Problematik geschätzter Releasetermine. Die Leichtgläubigkeit diverser Fans wird für Klicks ausgenutzt. Nur wer in der Materie seriöser Newsseiten drin ist kann zwischen echten und falschen Ankündigungen gut differenzieren.

    Ich habe bereits Websites gesehen, die für das Datum der geschätzten Veröffentlichung gleich ein extra Script eingebaut haben, dass einfach das aktuelle Jahr + 1 angibt um sich die Arbeit zu ersparen den Artikel im Nachhinein abändern zu müssen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Letzten Beiträge