Review: The Legend of Nayuta: Boundless Trails

Mit The Legend of Nayuta: Boundless Trails schließt NIS America eine langjährige Lücke, wenn es um Spiele von Nihon Falcom geht. Ob sich das Warten gelohnt hat, erfahrt ihr im Test.

Was lange währt, ist gut?

2012 in Japan exklusiv für die PSP entwickelt und veröffentlicht, war es nun so weit: Nach über elf Jahren erschien The Legend of Nayuta: Boundless Trails mit offizieller Lokalisierung auch im Westen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen 1:1-Release des PSP-Spiels, sondern um die 2021 in Japan veröffentlichte The Legend of Nayuta: Boundless Trails Kai-Fassung. Neben dem Port auf den PC, die PlayStation 4 und die Nintendo Switch brachte Kai folgende Features:

  • 60 FPS
  • (Überarbeitete) Charakterportraits zu allen Ereignissen
  • Musik wurde überarbeitet

Obwohl The Legend of Nayuta: Boundless Trails einen ähnlichen Titel hat und offiziell auch zur The Legend of Heroes-Reihe zählt, handelt es sich bei Nayuta um ein Spin-Off, das mit den aktuellen Geschehnissen rund um Calvard, Erebonia oder Crossbell nichts zu tun hat. Für Gründe, mit der The Legend of Heroes-Reihe anzufangen, empfehle ich euch meine Übersicht zum Epos.

Nayuta verbringt seine Tage damit, zu den Sternen über seiner Heimatinsel aufzublicken und sich zu fragen, was hinter dem Horizont liegt. Obwohl die Menschen behaupten, das Meer, auf dem sie leben, sei flach und endlich, weiß Nayuta, dass es dort draußen mehr geben muss, das nur darauf wartet, entdeckt zu werden.

Gelegentlich fallen Ruinen und Sterne vom Himmel über Nayutas Heimat und bieten scheinbar Einblicke in andere Welten. Bei der Erkundung einer solchen Ruine retten er und seine Freunde ein kleines, feenartiges Mädchen namens Noi. Sie erzählt Nayuta, dass ihr etwas sehr Wichtiges gestohlen wurde und bittet ihn um Hilfe, um es wiederzubekommen.

Damit beginnt Nayutas Reise – eine Reise, die ihn weit über die Grenzen seiner Insel hinaus in neue Welten und zu außergewöhnlichen Entdeckungen führt!

(Synopsis via PLAION)

Auf in ferne Welten!

Liest man sich die Beschreibung durch und kennt die anderen Spiele des japanischen Entwicklers, hofft man auf ein episches Abenteuer voller Intrigen und interessanten Story-Wendungen. Nun, dadurch, dass es sich bei Nayuta um einen eigenständigen Teil handelt, ist das für Fans vor allem an der Geschichte zu erkennen:

Hui, ist die Erzählgeschwindigkeit schnell. Ist man am Anfang noch der forsche, 15-jährige Entdecker, der frisch vom Festland in die Heimat zurückkehrt, ist man nur eine Stunde später der Retter von mehreren Personen. Wären da nicht die wenigen Sidequests wäre zu meinen, dass ohne eine richtige Verschnaufpausevon Höhepunkt zu Höhepunkt gerannt wird.

Und so steigert sich die etwa 18 Stunden umfassende Geschichte immer weiter bis zu einem befriedigenden Ende. Auch wenn man dem Spin-Off einen gewissen Sonderstatus gewähren sollte, dass es wirklich für sich stehen will, irgendwie hat man sich nach dem Ende mehr erhofft. Denn gerade beim Storytelling wird durch das hohe Tempo und die Tatsache, dass es sich ursprünglich um ein PSP-Spiel handelt, einiges liegen gelassen. Dass mithilfe von mehreren „Ach, habe ich dir vergessen zu erzählen“-Momenten der Charaktere einige Elemente der Lore und Story nur stümperhaft zur Konklusion gebracht hat, tut schließlich ihr Übriges.

Was ziemlich schade ist, denn die Idee hinter dem entdeckerfreudigen Protagonisten hätte durchaus Potenzial für weitere und größere Abenteuer gehabt.

Freunde müsst ihr sein!

Genau das bringt uns nun zu den Charakteren. Auch hier merkt man die Limitation sehr stark: Abseits von Nayuta, seiner älteren Schwester Eartha und der Sandkastenfreundin Lyra gibt es nur noch den besten Kumpel Cygna und die mysteriösen Noi und Creha, denen man eine gewisse Persönlichkeit unterstellen könnte. Alle weiteren Figuren, mit denen man interagiert, sind nur da, um ihren Zweck zu erfüllen – etwa Orbus als Kampflehrer.

An sich ist das kein allzu großes Problem, immerhin sind die Figuren sympathisch und als 2D-Modell schön designt. Allerdings gibt es abseits von Nayuta und Noi keine Anhaltspunkte für Charakterentwicklung. Gerade die Sandkastenfreundin Lyra hat als zukünftige Love Interest keinen einzigen Moment im Verlauf der schnell erzählten Geschichte. Und das ist richtig schade, bewies Nihon Falcom mit den Crossbell-Teilen doch, dass sie romantische Geschichten einzubauen wissen.

Spielmechaniken aus Ys, verpackt in The Legend of Heroes

Während die Handlung und die Charaktere also vielmehr Beiwerk sind und nicht als Motivator dienen, sieht es ganz anders aus, wenn es bei Boundless Trails um das reine Gameplay geht. Unter dieser Betrachtungsweise handelt es sich um ein reinrassiges Action-RPG im Stil des hauseigenen Ys. So gibt es nur eine Kreis-Taste zum Angreifen, während das Drücken des Vierecks die magischen Fähigkeiten von Noi aktiviert. Diese lassen sich entsprechend anpassen. Im Laufe der Geschichte lernt Nayuta anschließend weitere Spezialfähigkeiten, wie etwa ein Schild, mit dem man auf Wasser oder Treibsand laufen kann, und eine Art Rad, um hohe Wände zu erklimmen.

Abgerundet wird das Ganze mit verschiedenen Ausrüstungsmöglichkeiten, sowohl an Nayuta als auch an Noi. Diese variieren dabei sehr stark. Für Noi gibt es passive Nebeneffekte (zum Beispiel Schutz vor Paralyse), Nayutas Ausrüstung erhöht die Angriffs- und Verteidigungsstatistiken. Verschiedene Elemente als Angriffszauber komplettieren die Möglichkeiten.

Letztere lassen sich bei stetiger Nutzung aufleveln, so werden sie pro Level stärker und auch die Anzahl an verfügbaren Angriffszaubern erhöht sich. Auf diese Weise wird sich schrittweise durch die 5 bis 15-minütigen Dungeons, in denen so manche Überraschungen geboten werden, gekämpft.

Wetter-Spielerei und Plattforming

Ein zentrales Thema, was dementsprechend stark beworben wird, ist das Wettersystem. Durch eine storybedingte Maschine ist es Nayuta möglich, das Wetter der vier Kontinente anzupassen. Das hat nicht nur optische Auswirkungen: Auch wenn sich das Ganze nicht grundlegend anders spielt, sind je nach Wetter andere Wege offen und weitere Geheimnisse in Form von Kisten oder Material zu entdecken. Letzteres wird zum Kochen benötigt, da nur durch verschiedene Speisen (unterteilt in mehrere Stufen) die Lebenspunkte in den Dungeons wieder aufgefrischt werden können.

Durch den Wettertwist schafft es Nihon Falcom, dass sich die Passagen nicht zu eintönig anfühlen. Zwecks Grinding und Nebenquests sind bestimmte Gebiete bei unterschiedlichen Klimabedingungen öfters zu besuchen. Jede Abwechslung ist hier willkommen.

Zudem verändert sich dadurch ein weiterer, großer Aspekt des Spiels: das Plattforming. Durch die gewonnenen Fähigkeiten kann Nayuta erst im späteren Drittel jeden Dungeon auf 100 % und allen Wetterlagen abschließen, zuvor wird mindestens ein Kristall oder eine Kiste durch Hindernisse blockiert. Das Game besitzt außerdem erstaunlich viele Rätsel, gepaart mit vielen Herausforderungen à la „nicht mehr als 10 Mal treffen lassen“ oder „Level schaffen mit maximal 10 Sprüngen“. Die einzelnen Dungeons laden nicht nur zum Materialsammeln ein, für 100%-Perfektionisten bietet das Spiel ebenfalls einen Mehrwert. Denn die Belohnungen werten nicht nur Nayuta auf, sondern gewähren auch Zugriff auf mehr Heilungsspeisen oder Waffen.

Ursprung klar anzusehen …

Was die Optik angeht, sind klare Abstriche hinzunehmen. Obwohl die überarbeiteten 2D-Sprites jeden einzelnen Charakter in gewisser Weise highlighten, ist es gerade die 3D-Optik, an der man erkennt, dass es sich um ein PSP-Spiel handelt: Verwaschene Texturen und aufploppende Gegner, also geringe Sichtweite, sind hier praktisch an der Tagesordnung. Ansonsten wirkt die Präsentation eher altbacken. Immerhin gibt es durchgängig 60FPS, was eine schöne Sache ist. Anders die starre Kamera, die oft Probleme macht. Manchmal sind die Gegner nicht richtig zu sehen oder Rätsel nur unzureichend zu lösen.

… Musikalisch aber zeitlos

Etwas, was bei Nihon-Falcom-Titeln immer funktioniert, ist der Soundtrack. Hier überzeugen die neu arrangierten Lieder komplett. Praktisch alles wurde musikalisch untermalt, jeder Dungeon hat sein eigenes Theme passend zur Jahreszeit. Zwischen ruhiger Ambient-Musik und rasendem Orchestra werden auch rockige Nummern und vieles mehr gespielt.

Zwischen Highspeed und Langatmigkeit

Nun kommen wir aber zu einem Problem, das vor allem die actionlastigeren Titel des Spieleentwicklers betrifft. Egal ob die älteren Ys/The Legend of Heroes, Tokyo Xanadu oder Nayuta: Jedes der Games besitzt einen Highspeed-Modus, wodurch das Spielgeschehen um das doppelte beschleunigt wird. Ungeachtet ob einfaches Laufen, Zwischensequenzen oder Bosskämpfe – eigentlich alles profitiert durch diese erhöhte Geschwindigkeit. Damit wird ein angenehmeres Spielgefühl ohne zähe Momente ermöglicht.

Profitiert wirklich alles? Leider nicht ganz, nein. Gerade in den Bosskämpfen, bei denen man reaktionsschnell den Attacken ausweichen muss, mutiert dieses Feature leider zu einem Frustfaktor, weil natürlich auch die gegnerischen Angriffe in doppelter Geschwindigkeit abgespielt werden. Deswegen kommt man kaum drumherum, die Geschwindigkeit im laufenden Kampf anzupassen, wodurch sich an verschiedene Dynamiken zu gewöhnen ist.

Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist die Tatsache, dass nur in den ruhigeren Momenten frei gespeichert werden kann. Im Fall von Game Over gibt es zwei Varianten: Nach einer Niederlage in Bosskämpfen hat man die Möglichkeit, es nochmal zu versuchen oder zum letzten Speicherpunkt zurückzukehren. Bei Letzterem ist dann aber der eigens gesetzte Speicherpunkt im Fokus, auf automatisches Speichern wird gametechnisch komplett verzichtet.

Mir ist es direkt zweimal passiert, dass ich mich bei Bosskämpfen verschätzt und danach erst beim Game Over gemerkt habe, dass ich zuletzt vor drei Stunden gespeichert hatte. Das bringt unweigerlich Frustpotenzial mit sich, deshalb ein großer Tipp: Regelmäßig speichern.

Nicht nur für Fans

Alles in allem bietet The Legend of Nayuta: Boundless Trails bekannte Action-RPG-Elemente mit einem Plattforming-Fokus. Auch wenn die Geschichte und deren Charaktere weniger überzeugen konnten, hatte ich 18 Stunden Spaß. Gerade der Gameplay-Loop mit den kurzen Dungeons wusste zu überzeugen. Und da es komplett unabhängig von den anderen Serienteilen ist, empfiehlt sich das Game auch für jene, die einfach nur ein neues Action-RPG spielen möchten.

Pro
Contra
Spielspaß
Legend of Nayuta: Boundless Trails (PS4) 76%
Legend of Nayuta bietet eine gelungene Kombination zweier Nihon Falcom-Welten. Der Spielfluss ist angenehm fordernd und auch ansonsten erinnert vieles an die großen Titel des japanischen Entwicklers. Schade, dass nur die Charaktere und Welt selbst sehr eindimensional gehalten sind.

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