Trek to Yomi Review: Mehr als ein Tribut an den japanischen Film?

Trek to Yomi

Egal, ob Doki Doki Literature Club oder Ghost of Tsushima, der Reiz, als westliches Studio ein japanisch wirkendes Spiel zu entwickeln, ist groß. Nun versuchen sich die polnischen Entwickler von Flying Wild Hog mit Trek to Yomi am Thema des feudalen Japans. Ob sich die Reise ins Jenseits lohnt, erfahrt ihr hier.

Leonard Menchiari – der Visionär

Allerdings ist es nur die halbe Wahrheit, dass Flying Wild Hog Trek to Yomi entwickelt hat. Der entscheidende Mann hinter den Kulissen ist Leonard Menchiari, der sich bereits als Ideengeber von RIOT: Civil Unrest oder Spielfilmmacher (Half-Life Singularity Collapse, Neo Dusk) einen Namen gemacht hat.

Mit Trek to Yomi hat Menchiari nun eine Hommage an die japanischen Kurosawa-Filme der 1950er und 1960er Jahre entwickelt. Was zunächst als Prototyp mit nur einem Bosslevel begann, wurde dank Interessenten wie Devolver Digital zu einem vollwertigen Spiel.

Trek to Yomi: Ein zweischneidiges Schwert in optischer Hinsicht

Beim Betrachten der Bilder zum Spiel erkennt man sofort die beiden Alleinstellungsmerkmale: Trek to Yomi ist komplett in Schwarz-Weiß gehalten und der dreidimensionale Hauptcharakter wird wie in einem zweidimensionalen Metroidvania gesteuert. Gerade die Schwarz-Weiß-Optik trägt zur beeindruckenden Inszenierung bei. Das Ziel war immerhin, ein filmreifes Videospiel zu erschaffen, und das ist mehr als gelungen. Die starre Kameraperspektive erinnert oft an alte Samurai-Filme, ob es nun ein Zweikampf auf einer Dachspitze ist oder im Hintergrund Dinge kaputt gehen. Der Hauptcharakter Hiroki ist Teil der Inszenierung und kein besonderes Alleinstellungsmerkmal.

Die Ragdoll-Effekte sind realistisch, und obwohl es gelegentlich lustige Momente gibt, bei denen die Physik in Spielen ihren eigenen Willen hat, sind die Kampfanimationen flüssig. Die Hintergründe, die mit der Unreal Engine 4 erstellt wurden, sind beeindruckend.

Allerdings sind die Figuren bei sehr nahen Kamerawinkeln, wie in den Zwischensequenzen, polygonarm erkennbar. Nur Hiroki ist optisch angenehm anzusehen. Obwohl die Inszenierung und die Kamerapositionen gelungen sind, bemerkt man im letzten Drittel des Spiels, wenn es mehr in übernatürliche Gefilde geht, den Kontrast zwischen dem surrealen Schauspiel und den starren Kamerapositionen. Bei großen Gebäuden und Monumenten wäre eine andere Perspektive für die Übersicht besser gewesen.

Die Story ist nicht mehr als ein Bambus-Gerüst

Trek to Yomi ist ein ultrastilisiertes, filmreifes Action-Abenteuer, das die spannende Geschichte von Hiroki während seines Untergangs gegen die Mächte des Bösen verfolgt. Erlebe seine heroische Rückkehr, um sein Versprechen zu ehren und die Menschen zu retten, die zu schützen er geschworen hat.

Der junge Schwertkämpfer Hiroki hat seinem sterbenden Meister geschworen, seine Stadt und die Bewohner, die er liebt, vor allen Bedrohungen zu beschützen. 

Der einsame Samurai wird mit einer Tragödie konfrontiert und ist an seine Pflicht gebunden. Nun muss er über Leben und Tod hinausgehen, um sich selbst und seinen Weg zu finden. Beschreibung laut dem Playstation-Store.

Wie der Klappentext verspricht, liegt der Fokus des Spiels klar auf dem stilistischen Mittel der Filmoptik. Die Story ist nicht mehr als eine solide Fassade, die zwar einen Anfang, Mittelteil und vier Enden hat, allerdings keinerlei große Höhepunkte besitzt. Zwar mag das die Vision von Menchari sein und zugegeben, die damaligen Samurai-Filme hatten auch nie eine große Geschichte zu bieten, doch etwas mehr Tiefe hätte dem Spiel dennoch nicht geschadet. Die Charaktere, mit denen man interagiert, sind an einer Hand abzählbar: der Lehrmeister, die Geliebte Yuki, der Hauptantagonist und eben Hiroki, dessen einzige Motivation Rache und Wiedergutmachung ist. Die wenigen Charakterinteraktionen finden entweder mit den genannten Figuren oder den wenigen Personen in der Welt von Trek to Yomi statt.

Mehrere Enden sorgen für einen leichten Wiederspielwert

Immerhin bietet die Geschichte von Hirokis Rache vier mögliche Enden. Diese kann man erleben, indem man an zwei bestimmten Punkten im Spiel eine von vier Auswahlmöglichkeiten anklickt. Danach variiert die Geschichte ein wenig und wird der jeweiligen Entscheidung angepasst, vieles davon ist jedoch eher subtiler Natur.

Solide Samurai-Action

Spielerisch erwartet euch eine Mischung aus 2D-Plattformer ohne Springen mit teilweise mehreren Wegen zur Auswahl. Wenn man die möglichen Wege erkundet, belohnt das Spiel einen mit Sammlerstücken, die etwas über japanische Geschichte und Mythologie erzählen, samt kurzer Beschreibung. Die Bewegungen erfolgen fast ausschließlich von links nach rechts. Es gibt sowohl schwere als auch leichte Schläge, dazu kommen drei Fernwaffen: ein Bogen, eine schwere Kanone namens Ozutsu sowie Bo-Shuriken. Diese haben eine begrenzte Kapazität, die sich jedoch durch Upgrades erweitern lässt, die man im Spiel findet. Im Laufe der sechs- bis siebenstündigen Kampagne lernt man allgemein einige Kampftechniken, um Angriffe zu kontern oder starke Finisher auszuführen, die so wuchtig sind, dass Köpfe rollen.

Als Gegner bekommt man allerlei Formen von Banditen entgegengeworfen, mal mit leichter, mal mit schwerer Panzerung. Es gibt auch Fernkämpfer. Während man durchgehend alleine unterwegs ist, können bis zu vier Gegner auf einen zukommen, von denen aber nur maximal einer angreift – die anderen warten brav oder greifen, sofern sie Fernkämpfer sind, aus der Distanz an.

Spätestens wenn man das Reich der Toten, Yomi, erreicht, trifft man auf die Gegenstücke der lebendigen Gegner – Geister, die exakt dieselben Angriffsmuster vorweisen. Die dritte Gegnerart sind „Infizierte“: Menschen, die durch eine Krankheit entstellt wurden und ihre kognitiven Fähigkeiten verloren haben.

Auf den richtigen Angriff kommt es an

Spielerisch macht der Kampf gegen alle Bösewichte Spaß, da es vor allem darauf ankommt, die Angriffsmuster auswendig zu lernen. Ignoriert man diese und spielt das Spiel wie ein herkömmliches Actionspiel, beißt man sich schnell mehr als einen Zahn aus. Die Schreine zum Speichern und Auffüllen von Lebenspunkten sind zwar gut platziert, aber man darf keine Gegner überspringen, um voranzukommen. Man muss jeden Gegner besiegen, um weiterzukommen.

Generell ist es zwar lobenswert, dass es viele Kombinationen und Fähigkeiten gibt und ja, sie sehen auch teilweise sehr gut aus. Trotzdem erscheint das „Erlernen“ sehr willkürlich. Man besiegt einen Gegner und plötzlich erscheint im linken oberen Bildschirm ein Hinweis: „Hey, du hast diese Fähigkeit XY freigeschaltet – nutze sie und merke dir die Kombination!“. Man hat also keine freie Wahl, sondern bekommt die Fähigkeit vom Spiel vorgegeben.

Ebenfalls vorgegeben sind die kleinen Rätsel, die sich auf ein „Du siehst drei Kanji, du musst diese dem Rad zuordnen, damit es weitergeht“ reduzieren lassen. Diese Momente stören kaum, aber man merkt, dass hier noch etwas Spielzeit herausgeholt werden sollte.

Japanische Stimmen und Musik überzeugen

Auch vorgegeben ist die Tatsache, dass das Spiel eine japanische Sprachausgabe hat und die Untertitel wahlweise auf Englisch oder Deutsch sind. Die japanischen Sprecher wie Hiroki (Masayuki Kato, Demiurge aus Overlord), Sanjiro (Riz aus Beastars) und Akio Otsuka (Thorkell aus Vinland Saga) haben einen zur Epoche passenden Sprachgebrauch und die Untertitel sind gut lesbar und nie zu schnell.

Musikalisch verwöhnt uns Cody Matthew Johnson, bekannt für die Musik in Devil May Cry 5, gemeinsam mit Yoko Honda mit allerlei passender Musik. Egal ob Shamisen, Biwa oder Taiko – die Musik ist eine große Stütze der Atmosphäre des Spiels. In den wenigen ruhigen Phasen wird die Hintergrundmusik nie aufdringlich und wichtige Szenen werden mit entsprechenden Emotionen musikalisch aufgeladen. Allerdings sticht kein Stück heraus und vieles „dümpelt“ vor sich hin.

Gelungene Hommage an alte Samurai-Filme, aber mehr ist nicht drin

Ich habe mich richtig auf Trek to Yomi gefreut. Die ersten Trailer waren von Atmosphäre und Optik her absolut phänomenal, und man hatte richtig Lust auf den Titel bekommen! Knapp 7 Stunden später und um 18€ ärmer muss ich sagen: Ja, das Spiel hat Spaß gemacht! Aber, und nun kommt das „Aber“: Mehr ist eben nicht drin. Um die Frage des Titels zu beantworten: Trek to Yomi ist eine Liebeserklärung an den japanischen Film der 1950er und 1960er Jahre. Eine Art interaktiver Film. Für mehr reicht es nicht aus, da zwar eine Story in Grundzügen vorhanden ist, die Charaktere aber komplett austauschbar sind. Wer also mal wissen möchte, wie sich solche Filme in der heutigen Zeit spielen würden, der wird seinen Spaß haben.

Und nun müsst ihr mich entschuldigen, ich muss Die Sieben Samurai schauen.

Pro
Contra
Spielspaß
Trek to Yomi (PC, Steam) 72%
Nette Hommage an den japanische Samurai-Film mit großartiger Inszinierung. Punktabzüge gibt es vor allem in der Story und den Charakteren, aber auch spielerischer Natur.

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