Zwischen Göttern und Glück: Die Neujahrszeremonie in Japan

Neujahrszeremonien in romantischen Anime sind fast schon ein fester Bestandteil, ähnlich wie die obligatorische Strandepisode. Oft dienen sie dazu, die Handlung voranzutreiben (z. B. in Toradora!) oder als erzählerischer Höhepunkt (wie in Oregairu). Aber was sind diese Tage genau und welche Bedeutung haben sie? In diesem Beitrag geht es um das Hatsumōde, da das neue Jahr langsam näher rückt.

Bevor wir jedoch zu Silvester und Neujahr kommen, möchte ich einen kurzen Schwenk zu Weihnachten machen:

Weihnachten ist kein klassisches Fest der Liebe

Generell wird Weihnachten in Japan nicht so gefeiert wie bei uns im Westen. Im Gegensatz zu Europa, wo Weihnachten praktisch ein Feiertag ist, wird in Japan normal gearbeitet. Mittlerweile hat es sich jedoch zu einem „Trend“ entwickelt, am 24. Dezember mit dem Partner in ein schickes Restaurant zu gehen und dort zu essen – ohne die Familie.

Dieser kulturelle Unterschied zeigt sich auch an Silvester und Neujahr. Während im Westen alles knallt, der Alkohol in Strömen fließt und generell viel gefeiert wird (Feuerwerk, Böller), ist dies in Japan nicht üblich.

Zu Neujahr schließen viele Geschäfte und Sehenswürdigkeiten (genauer: vom 29. Dezember bis zum 3. Januar), was bedeutet, dass eine Reise in dieser Zeit gut geplant sein sollte. Besonders am 1. Januar haben nur wenige Orte geöffnet, da die Japaner (die ohnehin schon wenig Urlaub haben) diese Zeit mit ihren Familien und Verwandten verbringen möchten.

kadomatsu

Das Kadomatsu – mehr als nur eine schicke Türdeko

Beim Besuch werden dann sogenannte Kadomatsu aufgestellt. Dies sind Gestecke aus Pinienzweigen und Bambus, die an der Eingangstür platziert werden. Sie sollen die Seelen der verstorbenen Vorfahren willkommen heißen.

Der Schreinbesuch

Ein Schreinbesuch (auch Hatsumode genannt) wird oft mit der Familie oder Freunden unternommen und der Schrein wird je nach Bedarf ausgewählt. Jeder kann selbst entscheiden, welchen Segen er suchen möchte – ob es Glück, Sicherheit für die Lieben oder andere Segnungen wie Liebe, Erfolg im Beruf usw. sind.

Es ist daher nicht überraschend, dass es auch Anime gibt, die reale Schreine in ähnlichem Kontext darstellen. In Love-Live zum Beispiel ist der Kanda Myojin Schrein ein Ort, den beide Idolgruppen oft besuchen und zum Training nutzen – und sie beten dort auch. Und wofür steht der Schrein? Richtig – unter anderem für Erfolg in der Arbeit (für die Idolgruppe).

Weiteres Beispiel gefällig?

Der Yushima Tenmangu-Schrein, der ebenfalls in Tokio ist, ist für viele Schüler ein Hotspot, da dort ein Gott namens Tenjin lebt – er ist der Gott des Lernens. Viele Lernende erhoffen sich dadurch Glück bei zukünftigen Tests, Prüfungen und Aufnahmeprüfungen. Und wo spielt der Tempel eine (kleine) Rolle? In Noragami besucht der Hauptprotagonist Yato in einer Folge diesen Tempel.

Daran sieht man, dass auch scheinbar unwichtige Momente indirekt Einfluss auf die Charakterzeichnung oder die Ziele haben können.

Nun zum Ablauf eines Schreinbesuchs:

  1. Man wirft die typische 5-Yen-Münze in die saisenbako (賽銭箱), die Gebetsbox.
  2. Man verbeugt sich zweimal.
  3. Man klatscht zweimal.
  4. Man spricht sein Gebet oder seinen Wunsch.
  5. Man verbeugt sich ein letztes Mal.

Weitere Besonderheiten der Neujahrszeremonie sind:

Zum Abschluss oder auch zwischendurch kann man sich an den vielen Verkaufsständen den Bauch vollschlagen oder Souvenirs für Freunde oder Familie kaufen, damit diese Glückwünsche für das nächste Jahr immer bei sich tragen können.

Omikuji

Sehr beliebt dabei sind Omikujis, also eine Art „Vorhersage für das neue Jahr“. Bei solchen Ziehungen kann alles dabei sein, von Unglück bis hin zum absoluten Glück. Aber keine Sorge, wer laut Vorhersage kein Glück hat, kann seine Vorhersage an einem Baum oder einer Vorrichtung anbringen, die das Unglück in Glück umwandelt.

Hat man all dies gemacht und in der richtigen Reihenfolge ausgeführt, kann im neuen Jahr nichts schiefgehen!

Leicht verspätet möchte ich nun dennoch hoffen, dass alle Leserinnen und Leser frohe Weihnachten hatten und entspannt ins neue Jahr gerutscht sind! Ich hoffe, ich kann Sie auch im neuen Jahr weiterhin mit meinen Blogeinträgen begeistern. 🙂

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