Start Anime Analysen Das Isekai-Phänomen ist Fluch und Segen zugleich

Das Isekai-Phänomen ist Fluch und Segen zugleich

In den letzten Jahren ist ein Genre vermehrt aufgetaucht: Isekai. Der Begriff steht sinngemäß für „in eine andere Welt teleportiert / gefangen“ und ist bei vielen westlichen Fans hoch im Kurs. Doch aktuell steckt das Genre in einer Krise, wo man nicht weiß wie sie sich erholen wird.

Weshalb es Isekai nicht mehr schaffen kann, seine Probleme in den Griff zu bekommen erfahrt ihr hier.

Die Idee existiert schon lange

Jeder Trend hat einen Ursprung – das Isekai-Thema ist sogar weitaus älter als man denkt. Denn trotz der neueren Bezeichnung (die erst nach Sword Art Online 2013 richtig Fuß fassen konnte) ist gerade im Westen das Märchen „Alice im Wunderland“ gerade das Paradebeispiel für einen Isekai, wie wir ihn heute kennen (bzw. bezeichnen). In Japan jedoch war es 1976 Ouke no Monshou, der in Mangaform die Grundpfeiler setzte. Der Shoujo-Titel warf ein junges Mädchen in die altägyptische Mythologie und avancierte zu einem der bestverkaufen Manga überhaupt. In Animeform dauerte es mehrere Jahre bis diese Art von Prämisse umgesetzt wurde. Erst 1983 war die Idee mit Aura Battler Dunbine umgesetzt worden. Aura vermische klassische Shounen-Elemente mit dem damaligen Mecha, welche dank Mobile Suit Gundam hausierten. Das diese Titel jedoch den Grundstein für etwas weitaus größeres legten war damals niemandem klar.

Dann war eine lange Zeit die Idee, Personen in eine andere Welt zu teleportieren uninteressant. So richtig populär wurde das Setting in den 90er Jahre vor allem durch Titel wie:

  • The Twelve Kingdoms (1991),
  • The Vision of Escaflowne (1994),
  • Those Who Hunt Elves (1994),
  • El Hazard (1995)
  • oder InuYasha (1996)
  • Now and Then, Here and There (1999)

Großer Imagewandel im Laufe der Zeit

Vergleicht man die Titel mit jenen, die in den Jahren 2010 bis jetzt erschienen sind, erkennt man vor allem eins: die Zielgruppe hat sich sehr stark verändert. Während in dieser Sektion damals Shoujo-Titel die Vorreiter waren, wurde die Thematik nun vor allem für Shounen-Verhältnisse angepasst: aus einer entwicklungsfähigen, toughen Heldin (Twelve Kingdoms, InuYasha) wurde ein männlicher 14 – 18 jähriger, der alles im Griff hat.

Schon damals wurde mit Now and Then, Here and There eine Art Deconstruction (Beginnt mit einer ähnlichen Prämisse des „Trapped in another World“, ist jedoch weitaus psychologischer angesiedelt und erbarmungsloser hinsichtlich der Darstellung). Diese Art von Anime kann man vor allem mit Titel wie Madoka Magica vergleichen. Mittlerweile hat sich Shoujo von der Fantasy-Ebene beinahe losgelöst und erzählt eher Geschichten, die in der Gegenwart angesiedelt sind.

Keine Frage, mir selbst gefällt Isekai ebenfalls – Titel wie Grimgar of Fantasy and Ash, Log Horizon oder die .hack-Reihe (Quantum) gehören für mich zu den Anime, die ich sehr gerne weiterempfehle. Wie aber auch jeder Trend gibt es oft ein Titel, der prägend für alle nachfolgenden Titel sind: Hier wäre es wohl Sword Art Online.

Sword Art Online löste einen riesigen Hype aus

Sword Art Online schaffte es im Sommer 2012 durch seine Abenteuer / Action, MMO-Mischung sowie fetzigen Kämpfen innerhalb kürzester Zeit zur absoluten Messlatte hinsichtlich Isekai-Anime. Es folgte eine weitere Staffel, die Ankündigung soviel SAO als Anime produzieren wie der Autor Lust hat und mehrere (qualitativ durchschnittliche) Videospiele.

Nun eine chronologische Reihenfolge der „neuen“ Generation an „transported to another World“-Titel.

Titel Erscheinungsjahr Anmerkungen
Sword Art Online Frühling 2012
Ixion Saga DT Herbst 2012
Mondajitachi Winter 2013
Suisei no Gargantia Frühling 2013 Reverse Isekai
Log Horizon Herbst 2013
Outbreak Company Herbst 2013
No Game No Life Frühling 2014
Sword Art Online II Sommer 2014
Log Horizon S2 Herbst 2014
DanMachi Frühling 2015
Overlord Sommer 2015
GATE Sommer 2015 ohne MMO-Einflüsse, Cool Japan
Grimgar of Fantasy and Ash Winter 2016
GATE S2 Winter 2016  ohne MMO-Einflüsse, Cool Japan
KonoSuba Winter 2016
Re:Zero Frühling 2016
Netoge no Yome Frühling 2016 Mehr RomCom als Isekai
Drifters Herbst 2016 keine MMO-Elemente
KonoSuba S2 Winter 2017
Youjo Senki Winter 2017
RE:Creators Frühling 2017  Reverse Isekai
DanMachi: Sword Ortaria Frühling 2017
Quanzhi Gaoshou Frühling 2017
Isekai wa Smartphone Sommer 2017
Knights & Magic Sommer 2017
Isekai Shokudou Sommer 2017
Overlord II Winter 2018
Death March Winter 2018
Isekai Izakaya Winter 2018
Quanzhi Gaoshou II Frühling 2018

Natülich kann man eine Aufzählung nicht repräsentativ sehen, da man dann gerade bei  Slice of Life / „cute girls doing cute things“ gerade zu  mit Anime überschüttet wird – jedoch erkennt man gerade bei Isekai einen Versuch, den Platzhirsch Sword Art Online Herr zu werden – mit gemischten Erfolgen. So sind zwar Titel wie Isekai wa Smartphone, Death March oder Overlord gerade im Westen sehr beliebt, zeigen gerade die ersten beiden Titel die aktuellen Probleme, welche das komplette Genre besitzt:

Fantasy als Grundidee ist ausgereizt

Durch die heutige Digitalisierung ist es für jeden Menschen sehr einfach seine Geschichten im Internet zu teilen – dank Eigendistribution oder per Hosting auf Drittanbieterseiten gibt es keinerlei Barrieren. Light Novels wie Overlord, Re:Zero haben hier ihren Ursprung. Solche Geschichten haben den Begriff der sogenannten Webnovel. Doch was ist der Unterschied zu einer Light Novel? Webnovels sind im Gegensatz zu einer Light Novel eher „unpoliert“ hinsichtlich Grammatik, Story oder der Charakterzeichnung. Der Autor hat hier die komplette Kontrolle über sein Werk und tauscht sich, wenn überhaupt nur mit dem Zeichner der Artworks aus. Light Novel-Produktionen hingegen werden erst von verschiedenen Personen begutachtet (Supervisor, Redakteur des Verlages) und dementsprechend angepasst oder verändert. Und hier ist auch der qualitative Unterschied zu erkennen: Während der Autor einer Webnovel alle Rechte behält, übergibt der Autor einer Lightnovel diese komplett der Redaktion / dem Verlag – er muss nur noch die Geschichte liefern, die Distribution selbst wird von anderer Seite übernommen. So kann es passieren das der Autor eigene Ideen in die Geschichte einbringen möchte, aber die Redaktion bzw. der Redakteur einlenkt und sagt „Nein, xy muss angepasst sein, der Fanservice muss erhöht werden usw“. Dadurch werden Geschichten der Masse angepasst und gewährleistet, das sich diese verkaufen.

Es mag in der heutigen Zeit absolut normal und regelkonform sein, schränkt aber das Ideenreichtum, welches das Genre haben könnte ein.

Das Genre hat ihr Maximum an Kreativitiät erreicht

Dieses Problem hat eigentlich jedes Genre, welches beliebt ist – seien es Fightning-Shounen, Slice of Life oder Ganbatte. Durch die Flutaktion der Isekai-Novels und der Beliebtheit hat man eigentlich jede Form von Isekai bereits erfahren und durchlebt eine Stagnation hinsichtlich der frischen Impulse, welche z.B. aktuell Megalo Box für das Ganbatte-Genre macht. Wobei Megalo Box ja eigentlich nur eine Hommage an Titel wie Ashita no Joe ist, schafft es der Anime den Charme von AnJ in die Neuzeit einzufangen und mit eigenen Akzenten ein gutes Zuschauererlebnis zu schaffen.
Und Isekai? Isekai-Autoren versuchen sich (für westliche Verhältnisse) an immer absurderen Titelnamen für Abwechslung zu sorgen. So gibt es mittlerweile Titel wie Jidou Hanbaiki ni Umarekawatta ore wa Meikyuu o Samayou welcher sich mit „I, who was Reborn as a Vending Machine, am Loitering Around in the Labyrinth“ übersetzen lässt. Oder Isekai wa Smartphone to Tomo ni welcher als Individualmerkmal unter den Isekai-Titel ein Handy besitzt, ansonsten nach Schema F der „neuen Generation“ abläuft. Dieser ist wie folgt: 0815-Fantasysetting (nach MMO-Verhältnissen) trifft auf überpowerten Hauptcharakter welcher eine „besondere“ Fähigkeit oder Gabe hat. Fertig.

Natürlich kann man mit dieser Beschreibungsart beinahe jedes Genre runterbrechen, doch ist dieses Phänomen gerade hier sehr stark ausgeprägt. Ob sich das in nächster Zeit ändern wird? Man weiß es nicht. Fakt ist das sogar schon in Romanwettbewerben Geschichten verboten sind welche das Isekai-Prinzip verwenden.

Es wird nicht das Potential ausgeschöpft, was das Genre bieten könnte

Bis zum Punkt der Stagnation hatten mehrere Titel wie Log Horizon, Grimgar of Fantasy and Ash oder RE:Creators versucht, das Isekai-Genre mit seinen eigenen Ideen ein eigenes individuelles Leben dem Genre einzuhauchen – mit positiven (Log Horizon) oder negativen (RE:Creators) Ergebnis. Für mich ist das größte Problem am Fokus auf den overpowerten Hauptcharakter und seinen Abenteuer sowie die Ausrede der billigen Prämisse das Problem: Gerade das Worldbuilding bietet mit dem MMO-Setting weitaus mehr als generische Fantasy. So gibt es keinerlei Titel, welche als Isekai ein Sci-Fi Universum nutzen. Klar, Suisai no Gargantia kann man durch den Mecha-Einfluss in die Kerbe reinwerfen – aber was wäre, würde man die Gun Gale Online-Arc in Sword Art Online mit dem Deathgame des ersten SAO-Arcs mischen? Oder das futuristische Setting von Psycho-Pass mit dem Erkundungsreiz, den Log Horizon bietet? Natürlich spricht hier, wie erwähnt der Risikofaktor eine große Rolle – Fantasy hat sich als Theme durchgesetzt und etabliert. Dementsprechend ist es für Sci-Fi schwieriger. Der größte Faktor ist jedoch: Durch die Etablierung kann man vielerei einfach nur kopieren und eine einfache Basis nutzen – bei einer futuristischen Base muss man jedoch weit mehr in das Worldbuilding investieren um eine gewisse Glaubwürdigkeit zu gewährleisten. Hier gibt es dann mehrere Möglichkeiten, die entscheiden ob das Ergebnis stimmig ist:
– das komplette ignorieren der eigens erstellten Regeln (siehe Sword Art Online) um den Unterhaltungsfaktor hoch zu halten oder
– das genaue Erklären der Welt, wie sie funktioniert, was die Spieler in der Welt beachten müssen (siehe Log Horizon oder The Twelve Kingdoms)

Es kann qualitativ nur noch besser laufen

Was  kann man als Fazit sagen? Im Endeffekt ist es wie bei jedem Genre, welches einen Hype erfährt – es gibt irgendwann immer einen neuen Trend, welcher den alten vergessen lässt. Bis dahin wird natürlich immer weiter versucht, das bestmöglichste aus dem Thema heraus zu holen. Im Endeffekt können wir nur hoffen, das viele Autoren weitaus mehr Themen sehen, die sie in dem Genre ansprechen können, wie es jetzt einen vermuten lässt. Denn im Endeffekt ist es wirklich verschwendetes Potenzial, welches nicht genutzt wird.

Ich hoffe der Beitrag hat euch gefallen. Hier hatte ich diverse Probleme mit der Verständlichkeit, was ich überhaupt sagen möchte, ich hoffe ich konnte dies gut lösen.

Ich habe mit Anime Heaven testweise ein Video erstellt, wo es dieses Thema in Videoform gibt. Schaut mal rein!

3 Kommentare

  1. Lass mich zuerst einmal sagen, dass ich dir generell zustimme. Das Isekai Genre ist auf jeden Fall, schon vor einiger Zeit, an einem stagnierenden Punkt angekommen und wird wohl ohne Innovation irgendwann untergehen. Die generelle Struktur dieses Textes finde ich auch passend. Die Beginne aufzuzeigen macht Sinn, um zu zeigen, wie sich das Genre verändert hat, womit du wohl unbewusst auch gezeigt hast, dass das Genre sich durchaus verändern kann und nicht stagnierend bleiben muss. Aber du kennst mich ja und da ich finde, dass dir Kritik wohl mehr weiterhilft als ein kurzes Lob, noch ein paar Sachen, die mir nicht so gefallen haben.

    Zuerst einmal solltest du, denke ich, den Text noch einmal korrigieren, da hier nicht nur Kommafehler zu finden sind, sondern etwas gröbere Dinge, die teilweise auch das Verständnis beeinflussen. Relativ zu beginn bspw. „Wie aber auch jeder Trend gibt es oft ein Titel, der prägend für alle nachfolgenden Titel sind“. Hier musst du jedoch wissen, ob du die Zeit noch einmal investieren will.

    Eine andere kleine Sache ist „Düster umgesetzte Version eines Genre /= Deconstruction“. Dieses Wort ist so übergenutzt und hat mittlerweile jegliche Bedeutung verloren. Madoka Magica ist hier ein schönes Beispiel, was du genutzt hast, da es keinesfalls eine Deconstruction ist, sondern lediglich ein normaler Magical Girl Anime mit einem düsteren Ton, ohne jegliche kritische Betrachtung des Genre. Für Now and Then, Here and There kann ich natürlich nicht sprechen, aber bitte, pass mit dieser Bezeichnung auf.

    Dann hoffe ich, dass du den klaren Widerspruch in deinem Text wirklich nicht einfach übersehen hast. Die Aussage, dass das Genre ihr Maximum an Kreativität erreicht hat, passt nicht zur nächsten Aussage, dass simpel das Potential nicht ausgeschöpft wird. Was denn jetzt? Es geht nur eins von beidem und ich denke wir sind uns einig, dass die zweite Aussage das wirkliche Problem ist, welches das Genre hat, da Projekte wie Re:Creators – so schlecht es auch geschrieben sein mag oder KonoSuba beweisen, dass durchaus noch Kreativität in diesem Genre stecken.

    Ein Problem, welches ich habe und was ganz simpel von der Art von Beiträgen, die du schreibst, kommt, ist, dass du hier keine Beweise für die Qualität der Anime hast, die du erwähnst. Sollte ich die erwähnten Anime nicht kennen, muss ich dir einfach abkaufen, dass sie wirklich so schlecht/gut sind, wie du sagst. Das ist wohl für die meisten Leute kein Problem, aber ich wollte es nicht unerwähnt lassen.

    Ansonsten würde ich sagen, dass das ein solider Versuch war dieses Thema aufzugreifen, wenn ich bedenke, dass du sagst, du hattest Probleme deine Gedanken in Worte zu fassen.

  2. Im großen und ganzen hat ANNAND schon alles an Kritik gesagt, der ich mich auch anschließe. Am meisten ist mir auch dieser Widerspruch aufgefallen zwischen „Das Genre hat ihr Maximum an Kreativitiät erreicht“ und „Es wird nicht das Potential ausgeschöpft, welches das Genre bieten könnte“. Da bin ich gedanklich nicht ganz mitgekommen.

    Für mich persönlich als jemand, der zum ersten mal was von Isekai gehört hat und an sich auch gar nichts damit anfangen kann (ich mag eher Geschichten, die in der realen Welt angesiedelt sind. Gerne auch mit ein paar Fantasy- oder Sci-Fi Elementen gewürzt) finde diesen Artikel als Einstieg ganz nett, aber nicht mehr. Sonderlich mehr Interesse hat es bei mir nicht geweckt geschweige denn einen Grund warum ich diesem Genre mehr Aufmerksamkeit schenken sollte sehe ich jetzt nicht. Da hätte ich mich über ein paar ausgewählte Beispiele gefreut (ob positive oder negative), die du dann weiter ausgeführt hättest. Bis auf „Sword Art Online“, was ich auch nur vom Hörensagen kenne und einigen Episodenreviews, die mich mich eher abgeschreckt hatten, kannte ich keines der genannten Isekai-Animes.

  3. isekai, nie gehört. klar kenne ich einige serien mit der thematik, aber dass das ein eigenes sub-genre ist… wobei die online RPG anime dann wohl wieder ein sub-sub-genre für sich wären, bei der masse inzwischen.

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