Review: Fate/Samurai Remnant ist mehr als ein Fate-Ableger

Mit Fate/Samurai Remnant veröffentlichte das japanische Entwicklerstudio Omega Force am 26. September den nächsten Ableger aus dem erfolgreichen Fate-Franchise. Ob sich ein Kauf auch für Nicht-Fate-Fans lohnt, erklärt der folgende Test.

Der schwierige Stand von Spielen, die auf Anime oder Manga basieren

In einem meiner älteren Artikel habe ich mich ausführlich damit beschäftigt, woher der schlechte Ruf von Games, die auf Anime oder Manga basieren, kommt. Dabei bin ich unter anderem zu dem Schluss gekommen, dass viele Spiele per se zwar gar nicht so schlecht sind, allerdings weder spielerisch noch anderweitig großartig überzeugen konnten.

Besagter Artikel ist inzwischen schon drei Jahre alt. Hat sich seitdem was getan? Während Original-Produktionen zu bekannten Game-Universen wie Tales durchgängig mit guten bis sehr guten Titeln überzeugen konnten, sah es sonst weiterhin relativ mau aus. Neben Spielen wie Demon Slayer: Kimetsu no Yaiba – The Hinokami Chronicles und Re:ZERO – Starting Life in Another World: The Prophecy of the Throne, alle 2021 erschienen und „nett“, gab es auch 2022 mit JoJo’s Bizarre Adventure: All-Star Battle R und Digimon Survive lediglich Titel, die maximal für (Hardcore-)Fans interessant waren. Für mehr reichte es nie, was durchaus auch dem Genre der meisten Spiele zuzurechnen ist. Bei rund 90 % solcher Produktionen handelt es sich um Brawler und/oder Action.

Ausreißer gab es aber immer bei einem japanischen Publisher: Die Spiele von Koei Tecmo, bei denen es sich abseits der Warriors-Reihe oft um Lizenztitel handelt, konnten die Kritiker oft mit frischen und kreativen Ideen um ihre Musou-Formel begeistern. Egal ob es sich dabei um Werke wie One Piece, Zelda oder das jüngste Fire Emblem handelt.

Nun konnte man das Vertrauen von Aniplex und TYPE-MOON, den Schöpfern der Visual Novel von Fate/Stay Night, gewinnen und deren Ideen in Fate/Samurai Remnant verwirklichen. Und das hat wunderbar funktioniert.

Es folgt eine spoilerfreie Einschätzung der Story.

Der Kampf um den Waxing Moon, der jeden Wunsch erfüllt – das Waxing Moon Ritual. Die sieben Personen, die ihren Wunsch begehren, die Master, sind die Träger des Rituals. Die sieben Heroic Spirits, oder Servants, werden von ihren Mastern in dieser Welt beschworen. Der Vorhang hebt sich zu einem Kampf zwischen den sieben Mastern und ihren sieben Servants.

Erkunde die Stadt Edo und sei im Waxing Moon Ritual siegreich. Kämpfe, erkunde, sprich mit anderen … In diesem Action-RPG sind viele Elemente miteinander verwoben. (Synopsis via Steam)

Spielbarer Fate-Anime

TYPE-MOON hat nicht nur das gesamte Projekt überwacht, sondern wegweisend mitgewirkt. Neben den beiden im Folgenden genannten Schreibern war auch Kinoko Nasu, der Schöpfer hinter der Ur-Novel und Tsukihime, signifikant an der Ausrichtung der Story beteiligt. Darüber hinaus wurden mit Hikaru Sakurai und Yuuichirou Higashide zwei freischaffende Writer angestellt, die Fate-Fans vor allem durch Fate/Apocrypha oder Fate/EXTELLA kennen dürften. Natürlich haben die beiden auch am Mobile-Hit Fate/Grand Order mitgewirkt.

Inhaltlich lässt sich das Ganze auf ein Ritual reduzieren, was am besten mit dem Holy Grail War aus der Fate-Reihe zu vergleichen wäre – und das ist es im Endeffekt auch. Allerdings ist die Reise des unscheinbaren Masters Iori Miyamoto und dessen Servant Saber so viel mehr. Es geht um Freundschaft, Vertrauen, Familie – ohne groß schnulzig zu werden.

Der Prolog und das erste Kapitel sind praktisch das Tutorial, das nicht nur grundlegende Themen und das Spiel an sich erklärt, sondern auch stückweise die Figuren (selbst nach dem Einstieg) einführt. Von Letzteren gibt es eine Vielzahl: Zusätzlich zu den sieben Mastern und ihren sieben Servants werden in Samurai Remnant auch sogenannte Rouge Servants vorgestellt. Das sind Krieger, die nicht aktiv in das Ritual eingreifen, weil sie keinen Master besitzen. Allerdings kann man auf diese zurückgreifen und ihre Kraft nutzen.

Fate-typisch wird natürlich versucht, jeder Figur eine Backstory zu geben, weshalb sie am Ritual teilnimmt. Bei einigen klappt das, allerdings ist mit laufender Spielzeit durchaus zu bemerken, dass viele Motive nur angerissen werden, damit die betreffenden Personen nicht komplett nackt in der Story stehen. Andere erfahren dagegen eine gewisse Charakterentwicklung.

Vertrauen, Verrat, Verlust

Eine der größten Stärken ist die Einbindung der Geschichte innerhalb der vielen Kämpfe. Dafür gibt es eine Vielzahl an mehrminütigen Zwischensequenzen, bei der zahlreichen Dialogen zu lauschen ist. Dadurch, dass man mit Iori einen Charakter spielt, der seine eigenen, wenn auch flachen Ziele hat und gerne dem Gegenüber seine Meinung sagt, entsteht Dynamik, die man so oft nur aus Anime kennt. Ebenfalls schwungvoll sind die verschiedenen Methoden der Master. Innerhalb eines Kapitels kann es vorkommen, dass gleichermaßen Bündnisse geschmiedet wie auch vernichtet werden.

Ebenfalls wichtig sind die sogenannten Diggressions, bei denen Nebengeschichten diverser Servants und Masters zu erleben sind. Dabei kann es sich um brave Alltagsgeschichten in der Keian-Ära oder um (vergangene) Kampfgeschehnisse handeln. Einige sind sogar zeitlich limitiert und können ab gewissen Story-Abschnitten nicht bespielt werden. Es lohnt sich also, in der Hauptstory viele Umwege zu nehmen, damit man ein rundes Erlebnis spielt und das Maximum der Charaktere und deren Lore mitnimmt.

Darüber hinaus ist das New Game+, welches für die Story durchaus wichtig sein kann, mitzunehmen. Denn: Visual-Novel-typisch hat auch Samurai Remnant vier verschiedene Enden zur Auswahl, die durch fixe Punkte in der Geschichte beeinflusst werden können. Macht man das nicht, wird nur eins oder zwei der vier Enden erlebt. Diese sind beide zwar abgeschlossen, allerdings merkt man hier klar, dass „etwas“ fehlt.

Was bleibt, sind viele Referenzen und Anekdoten an andere Ableger aus dem Fate-Franchise. Das größte Manko der Geschichte selbst ist die Erzählgeschwindigkeit. Während stellenweise Twist an Twist gereiht ist, sind es oft Momente von Rückschlägen oder das Suchen von alternativen Lösungswegen, die den Eindruck von künstlicher Storyschreckung aufbringen. Trotzdem ist die Geschichte die größte Motivation, den dreißigstündigen Erstdurchlauf zu beenden.

 

(K)ein Titel von Omega Force

Über das Gameplay von Omega-Force-Titeln zu schreiben oder reden ist in der Regel relativ einfach, denn durch die bekannte Musou-Formel (das Genre, dass sie praktisch selbst erfunden haben) lassen sich viele der Produktionen vereinfacht als „Buttonsmashing und endlosse Massen an Gegner“ zusammenfassen.

Das ist bei Fate/Samurai Remant jedoch nicht der Fall. Nicht nur wurde der Grad an Gegnermassen massiv runtergeschraubt, das Spiel fühlt sich zudem eher wie ein klassisches Action-RPG an. Natürlich gibt es schwere und einfache Attacken sowie mehrere Kombo-Möglichkeiten. Diese Basis wurde aber mit verschiedenen Schwertstilen verfeinert, die auf gewisse Gegnertypen mehr beziehungsweise weniger effektiv sind.

Erweitert werden diese Stile mit weiteren Kombos in ihren eigenen Skilltrees, die durch das Spielen oder Grinding freigeschaltet werden. Als wäre das nicht genug, gibt es zusätzlich vier verschiedene Ausrüstungspunkte für die Schwerter von Iori – mit eigenen, aufrüstbaren und erweiterbaren Unterpunkten. So lassen sich Menuki, Same-nuri, das Tsuba und die Klinge selbst individuell anpassen. Das macht nicht nur optisch einen Unterschied, sondern ermöglicht zugleich auch, sich dem Gegnertyp anzupassen, um diesen effektiver besiegen zu können.

Um eine Chance gegen die Gegner zu haben, leuchten diese nach einem gewissen Schaden in einer bestimmten Farbe auf. Wechselt man in diesem Zeitfenster den Schwertstil, werden (ebenfalls freischaltbare) Attacken zwischen dem Servant Saber und Iori genutzt. Das trifft allerdings nur auf stärkere (Mini-)Bosse und feindliche Servants zu. Der generelle, einfache Gegner lässt sich oft ohne Probleme auskontern und parieren.

Dazu kommen noch eigene Fähigkeitspunkte für die verschiedenen (Rogue) Servants, die sich allesamt unterschiedlich spielen. Beispielsweise ist der Archer flink und gut für Flächenschaden, während der Berserker wie auch im Anime auf pure Zerstörung aus ist. Obwohl dieser Wechsel nur zeitlich limitiert ist, gilt: Kämpft man mit einem Servant, zeigen sich die Stärkeunterschiede vor allem zwischen Saber und Iori enorm, was wiederum sehr gut zum Narrativ passt.

Was ich an dieser Stelle definitiv sagen kann: Mit Fate/Samurai Remnant wurde das bislang beste Kampfsystem von Omega Force implementiert. Die ganzen Fähigkeiten vermengen sich zu einem gelungenen Spielfluss, der gegen Ende zwar repetitiv erscheint, aber durchgehend Spaß macht.

Geholfen hat vor allem die Reduktion der Gegnermassen. Hat man in Fire Emblem: Three Hopes pro Karte noch an die 20.000 Gegner besiegt, sind diese Instanzen in Samurai Remnant um einiges weniger befüllt – auch wenn es hin und wieder dennoch zu Gegnermassen kommt, die aber bei weitem nicht das Volumen der anderen Titel erreicht.

Eine weitere Besonderheit ist das sogenannte Spirit Font. Dabei handelt es sich um eine Art „Rundenstrategie“, bei der man sich im Overlay auf Feldern bewegt und so zum Ziel gelangen muss. Hierbei ist es wichtig, dass bestehende Verbindungen zwischen den Feldern bestehen – geht diese verloren, wird man wieder zum Anfang katapultiert. Gewürzt wird dieses durchaus spaßige „Mini“-Spiel mit Fähigkeitskarten, die etwa erlauben, dass der Gegner sich zwei Runden nicht bewegen kann. Wird in diesem Overlay dann auf einem Feld der Gegner getroffen, geht es anschließend zum üblichen Kampf.

Ansonsten gibt es noch viele weitere ineinandergreifende Gameplay-Mechaniken und Fähigkeiten, die im Verlauf dazukommen. Diese aber nun einzeln abzuklappern, würde den Text aufblähen. Hier heißt es stattdessen, sich selbst ans Entdecken und Ausprobieren zu setzen.

Effektreiches Action-Spektakel, aber nicht genauer anschauen

Optisch erweist sich Fate/Samurai Remnant als korpulentes Effektgewitter mit klaren Schwächen. Die Spezialattacken und die generelle Action sind hervorragend inszeniert und die Charaktermodelle der wichtigsten Figuren, also der Masters und Servants, detailliert modelliert.

Auch die Ästhetik der Keian-Ära im Herbst wurde hervorragend umgesetzt: Die Menschen wuseln in den ruhigen Momenten in den einzelnen Stadtgebieten herum, es gibt allerlei Sprechblasen und Passanten, mit denen interagiert werden kann. Tiere, Getuschel in den Stadtgassen und vieles mehr ist zu hören. Die Visual-Novel-Zwischensequenzen sind von 2D-Motiven der Charaktere geprägt, denen sogar passende Gesichtsanimationen und bewegte Mundwinkel spendiert wurden.

Auch die Gegner sind optisch gelungen, wenn man von den herkömmlichen Standardgegnern einmal absieht. Diese bieten eine Mischung aus japanischer Folklore mit einigen horrorartigen Designs, die in dieser Form genauso in einem Junji-Ito-Titel erscheinen könnten.

Außerdem kann ich es nicht oft genug betonen: Was hier in den Action-Zwischensequenzen, die nicht unbedingt selten vorkommen, passiert, ist mitunter wirklich atemberaubend. Es ist oft vorgekommen, dass ich den Controller zur Seite gelegt habe und einfach nur der Zwischensequenz beigewohnt habe. Die Art der verschiedenen Kameraperspektiven, die Animationen – all das, was Fate-Fans vor allem durch das Animationsstudio Ufotable kennen, wurde von einem Entwicklerteam umgesetzt. Und damit wurde eins der vielen Highlights des Spieles gesetzt.

Schaut man aber abseits der Effekte, zeigen sich matschige Boden- und Wandtexturen. Gerade an der Boden- und Grastextur ist zu erkennen, dass das Game für mehrere Plattformen (PS4, PS5, Nintendo Switch, PC) entwickelt wurde. Mit der PS5 und dem PC wird das beste optische Ergebnis geboten. Das Wasser und die Weitsicht sind ebenfalls echt keine Hingucker. Anders dagegen die 2D-Bilder, die gelegentlich eingestreut werden.

Musikalischer Genuss

Die Musik in Fate/Samurai Remnant ist insgesamt gesehen ziemlich gut. Die Komponisten Keita Haga (TYPE-MOON) und Daisuke Shinoda haben ihr Können kombiniert, um eine Klangwelt zu schaffen, die von sehr beruhigend und einladend bis hin zu beklemmend und elektrisierend reicht. Besonders bei den Boss-Themes kommen die Talente der beiden Musiker zur Geltung. Der Einsatz traditioneller Instrumente für die friedlichen Stadtmelodien bildet einen wunderbaren Kontrast, der die Dörfer lebendig wirken lässt. Auch die Synchronsprecher liefern eine fantastische Leistung ab. Sie alle legen hörbar Herz und Seele in ihre Rolle, wenn herzliche Abschiede, edle Opfer und verzweifelte Kriegsschreie über die behelfsmäßigen Schlachtfelder schallen.

Ein Titel, welcher sehr gut für die Variation der Musik steht, ist eine alternative Version des Liedes „Battle 5“. Das hört man in Fate/Grand Order, für Samurai Remnant wurde es entsprechend angepasst.

Wenige Mäkel trüben den Spielspaß

Generell muss ich sagen, dass Fate/Samurai Remnant durchgehend ein sehr guter Action-Titel ist, welcher hervorragend geeignet ist, um spielend einen Einstieg in das riesige Fate-Franchise zu finden. Mit der Reduktion der Gegnermasse und dem Fokus auf taktisch anspruchsvolle Eins-vs-Eins-Kämpfe wird einer der größten Kritikpunkte der Musou-Games ausgemerzt. Auch darüber hinaus wird die Abwechslung großgeschrieben.

Große Störfaktoren, die dem Spielspaß schaden, sind eigentlich nur mit der Lupe zu erkennen. Etwa ist es selbst als Besitzer der Deluxe Edition nicht möglich, den Soundtrack oder das Artbook abseits des Spiels zu hören beziehungsweise anzuschauen. Das geht leider nur im Spiel direkt. Deutsche Untertitel sind, wie bei Anime-Games üblich, nicht vorhanden. Technische Probleme hatte ich in der PC-Version dafür praktisch keine.

Jedenfalls hoffe ich, dass die Zusammenarbeit zwischen TYPE-MOON und Omega Force erfolgreich verlaufen ist, sodass in Zukunft weitere Titel aus dem Fate-Universum folgen.  

Pro
Contra
Spielspaß
Fate/Samurai Remnant (PC, Steam) 90%
Mit Fate/Samurai Remnant hat Koei Tecmo nicht nur ein Action-Game veröffentlicht, dass sowohl Fate-Muffel als auch Fans begeistern kann. Denn das Spiel ist weitaus mehr: In Zeiten, in denen gerade viele Lizenzspiele nur aus semi-guten Brawler bestehen, ist Samurai Remnant vielen anderen Titeln, die in die gleiche Kerbe schlagen, in Sachen Story-Präsentation und Gameplay überlegen. Ein Muss für Fate-Fans und jene, die es werden wollen.

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