Die japanische Band MONO gehört für mich seit jeher zu den Favoriten, wenn es um instrumentalen Rock geht – und das schon seit ich dieses Genre für mich entdeckt habe. Am 17. September 2021 erschien mit Pilgrimage Of The Soul das nunmehr 11. Studioalbum der Gruppe aus Tokyo. Zeit also, zu schauen, ob sich das Warten gelohnt hat!
Kontrolliertes Chaos seit 1999
Wie bereits erwähnt, hat MONO einen besonderen Platz in meinem Herzen. Seitdem ich das Genre des Post-Rock für mich entdeckt habe und über das vierminütige Lied Follow the Map gestolpert bin, ist die Band durchgehend auf meiner Musik-Playlist gewesen. So war MONO (gemeinsam mit den Shoegazern von Alcest) die letzte Gruppe, die ich vor COVID-19 live erleben durfte.
Die vierköpfige Gruppe spielt einen sogenannten „instrumentalen Post-Rock“, ein Genre, das nicht jeder kennt. Seinen Ursprung hat es in den 80er Jahren und ist eher dafür bekannt, die klassischen Grenzen des Rocks zu überwinden. Selbst das Verwenden von Gesang, egal ob guttural oder klassisch klar, ist für Post-Rock keine Norm. Es ist viel mehr eine weitere Möglichkeit, seine Musik facettenreich zu gestalten. MONO verwenden herkömmliche Rockinstrumente, um die traditionelle Rockstruktur zu durchbrechen. Anstatt aber mit verschiedenen Melodien eine Abwechslung zu generieren, prügeln sie immer wieder auf diesen Durchbruch ein und lassen den Hörer in einer Ruhephase zur neuen Kraft kommen. Mit dieser Formel sind sie seit nunmehr 22 Jahren erfolgreiche Vertreter des Genres, mit diversen experimentellen Ausbrüchen.
Eine fernöstliche Seelenreise ins Bekannte
Als musikalische Eröffnung donnert uns auf Pilgrimage of the Soul gleich Riptide entgegen. Das Lied, welches auch die erste Single-Auskopplung des Albums mit Musikvideo darstellt, zeigt dem Hörer, wie es sich anfühlen muss, von einer Macht umgeben zu sein, auf die man keinerlei Einfluss hat.
Das zweite Lied, Imperfect Things, beginnt ähnlich ruhig wie Riptide, baut sich aber etwas natürlicher auf, indem sich die elektronischen Elemente langsam ineinander verflechten, bevor die Band mit ihrem kompletten Spiel zum Abschluss kommt. Anschließend kommen wir mit Heaven In A Wild Flower zu einer Art Kapitelabschluss. Im Gegensatz zu den ersten beiden brachialen Liedern spielt man hier mit Klavier und Violine eher sanfte Töne.
To See A World zeigt in 4:00 Minuten die Faszination von MONO. In dieser kurzen Zeit schaffen es Gitarrist Takaakira Goto & Co, dem Zuhörer eine komplett unbekannte Welt vorzustellen, ohne dass das Lied dabei überladen wirkt.
Mit Innocence und The Auguries haben wir nicht nur eine weitere Musikvideo-Auskopplung (Innocence), auch behalten MONO hier ihren Sound bei und bauen eine Atmosphäre auf, um diese dann in einem Sturm wieder ausklingen zu lassen. Während Ersteres schon fast kitschig zum Höhepunkt kommt, ist The Auguries sehr basslastig, wodurch das Ganze viel verspielter und düsterer wirkt.
Hold Infinity In The Palm Of Your Hands kann als Meisterstück von Pilgrim of the Soul bezeichnet werden. Was der Gruppe mit To See A World in kurzer Zeit gelingt, funktioniert auch mit 12 Minuten Spielzeit. Es treffen Trauer auf Freude, Sehnsucht auf Leidenschaft, ohne auch nur eine Sekunde langweilig zu wirken. Mit And Eternity In An Hour haben wir einen weiteren Kapitelabschluss, der das Album sanft mit Klavier und einem Streicher abschließt.
Eine sichere Reise, die man öfters buchen sollte
Pilgrimage Of The Soul ist erneut ein sehr gutes Album geworden. Wer sich auf die Pilgerreise wagt, wird mit dem Bombast belohnt, für den die Band seit nunmehr 22 Jahren bekannt ist. Kritiker werfen der Gruppe musikalischen Stillstand vor, und man wird diese auch mit diesem Album nicht überzeugen können. Zu sehr vertraut MONO hier auf bekannte Strukturen ohne große Überraschungen. Andererseits bedeutet Kontinuität ja nicht unbedingt etwas Schlechtes. Während ich beim ersten Mal Hören das Album durchaus schlechter bewertet hätte, muss man diesem mehrere (komplette) Listenings geben. Denn dann decken sich weitere Details auf, die zwar nicht bahnbrechend sind, allerdings das genaue Zuhören attraktiver machen und einen belohnen. Wer allerdings auf eine musikalische Revolution innerhalb MONOs hofft, wird enttäuscht werden. Vielmehr ist es ein Schritt zurück zu den frühen Anfängen der Band.
Auf jeden Fall freue ich mich sehr, die Gruppe hoffentlich 2022 live erleben zu dürfen. Denn wenn MONO etwas kann, dann den Hörer in ihren Bann zu ziehen. Das hat man bei mir fünf Mal geschafft. Auch ein sechstes Mal wird das geschehen.
Highlights: To See A World, Hold Infinity In The Palm Of Your Hands
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Generelle Informationen zum Album:
Tracklist:
1. Riptide
2. Imperfect Things
3. Heaven In A Wild Flower
4. To See A World
5. Innocence
6. The Auguries
7. Hold Infinity In The Palm of Your Hand
8. An Eternity In An Hour
Spielzeit: 57:26
Wer sich außerdem vom musikalischen Können der Gruppe live überzeugen möchte, hat hoffentlich 2022 die Möglichkeit. Ursprünglich für März 2021 angedacht, steht der gemeinsamen Tour mit A. A. Williams noch nichts im Weg: