Tsukigakirei ist ein Anime, den viele als „zu unscheinbar“ und „unspektakulär“ abtun würden. Doch hinter dieser Maske verbirgt sich einer der besten Romance-Anime der letzten Jahre. Die Serie begleitet das (Liebes-)Leben der beiden 14-jährigen Protagonisten Akane Mizuno und Kotarou Azumi, die das letzte Jahr der Mittelschule in einer neu zusammengesetzten Klasse bestreiten.
Obligatorische Spoiler-Warnung!
Obwohl sich die Handlung auf den ersten Blick nicht sonderlich von anderen Romance-Anime unterscheidet, hebt sich Tsukigakirei in vielen Dingen von der Masse ab. Als Originalwerk ohne Vorlage kann sich die Serie voll und ganz auf ihre eigene Geschichte konzentrieren und Themen behandeln, die in anderen Werken eher weniger Beachtung finden.
Besonders die Körpersprache und die Nutzung digitaler Medien spielen in Tsukigakirei eine große Rolle. Die schüchternen Protagonisten sind nicht gewohnt, dem anderen Geschlecht Zuneigung zu zeigen, und so erlebt der Zuschauer ihre zaghaften Annäherungsversuche mit. Besonders bemerkenswert ist dabei, wie viel Bedeutung den Nachrichten, die sie sich über LINE (das japanische Pendant zu WhatsApp) schreiben, beigemessen wird. Diese kleinen Details machen Tsukigakirei zu einem einzigartigen Romance-Anime, der trotz seiner Unscheinbarkeit eine große Wirkung entfaltet.
Und trotz des noch jungen Alters wissen beide: Wichtige Dinge sollte man von Angesicht zu Angesicht besprechen und nicht über Messaging-Dienste. Wenn sie etwas zu besprechen haben, vereinbaren sie ein Treffen.
Ebenfalls ein Novum ist die Tatsache, dass die beiden Charaktere bereits in der vierten Episode zusammenkommen. Auch das ist im Anime- bzw. Manga-Bereich eher selten der Fall und wenn, dann nur am Ende. Die Geschichte von Tsukigakirei beginnt erst so richtig danach. Es geht um Akzeptanz in der Gesellschaft sowie Dilemmas einer noch so jungen und unscheinbaren Beziehung. Obwohl die beiden früh ein Paar werden, und das zeigt der Anime auch deutlich, spürt man eine Distanz zwischen ihnen. Diese Distanz lockert sich immer mehr und trotzdem wird veranschaulicht, wie schwer es sein kann, der Person näherzukommen, die man liebt.
Und das Schöne: die Serie ist bodenständig und verzichtet trotz Überzeichnung der Introversion von Akane und Kotarou auf weitere Auffälligkeiten. Die Dialoge mit Freunden und Bekannten sind natürlich gehalten und gängige Anime-Klischees (wie auffällige Haarfarben oder das Nichtvorhandensein von Eltern) sind hier nicht zu finden. Eine zu konfliktreiche Handlung sollte man hier nicht erwarten.
Das Gleiche gilt für die Charaktere. Sie verhalten sich wie junge Heranwachsende: Sie haben einfache Probleme und auch einfache Ziele, die man als junger Mensch eben hat. Keiner der auftretenden Charaktere hat eine tiefgründige (Hintergrund-)Geschichte oder besitzt irgendwelche Gemütszustände, wie sie so oft in anderen Anime vorkommen. Kann man das als schlechte Charakterzeichnung bezeichnen? Eigentlich nicht. Vielmehr sollte man es als eine realistische Herangehensweise betrachten, die sich vom typischen Romance-Genre abhebt und durch realitätsnahe Handlungen überzeugen will.
Trotz des Lobes ist die Geschichte an sich recht banal. Tsukigakirei erzählt ganz einfach von der Liebe zweier 14-jähriger Menschen und deren alltäglichen Herausforderungen und Schwierigkeiten und sticht gerade deshalb aus der Masse von Romance-Anime hervor. Nicht mehr und nicht weniger. Und dabei muss er nicht tiefgründig oder emotional sein, denn die erste Liebe ist mehr als genug.