Während der AnimagiC 2024 hatte ich am Messe-Samstag die Möglichkeit, ein 20-minütiges Interview mit dem Studio BONES-Mitbegründer Toshihiro Kawamoto zum 20-jährigen Jubiläum des Animestudios zu führen. Viel Spaß beim Lesen!
Vielen Dank für die Möglichkeit des Interviews, Kawamonto-san. Wie gefällt ihnen bisher Deutschland?
Mein ursprünglicher Eindruck von Deutschland war immer, dass das Land stark von Design geprägt ist. Ich wollte schon immer mal nach Deutschland, und was ich bisher gesehen habe, gefällt mir sehr. Außerdem bin ich ein großer Fan des Porsche Design. *lacht*
Vor Kurzem hat Studio BONES eine Partnerschaft mit dem Sasayuri Douga Trainingszentrum begonnen, um jungen Animatoren die Möglichkeit zu geben, mit Veteranen zu arbeiten. Wie aktiv sind Sie daran beteiligt?
Bei Studio BONES haben wir eine eigene Abteilung, die für Sakuga-Szenen zuständig ist. Douga sind sozusagen die Vorstufe dieser Szenen. Das Problem war einfach, dass diese Abteilung viel zu tun hatte. So entstand dann die Zusammenarbeit.
Auch ich bin ein wenig in die Ausbildung der Animatoren involviert. Im Bereich der Genga, also der Keyframes, gebe ich den Neulingen Aufgaben, und wenn sie diese erfüllen, gebe ich ihnen Feedback.
Viele Animefans wissen gar nicht, dass Studio BONES aus sechs Unterstudios besteht, die als „Studio A“ bis „Studio F“ bezeichnet werden. Wie kam es dazu, und wie werden Projekte bei Studio BONES verteilt?
Als ich und Minami-san (Masahiko Minami, aktueller Leiter und Mitgründer von BONES, Anm. d. Red.) noch bei Studio Sunrise tätig waren, gab es die Sunrise-Unterstudios „1“ und „2“. Bei der Gründung von BONES wollten wir es ein bisschen anders machen und haben die Studios nach dem Alphabet benannt. *lacht*
Studio F ist derzeit das neueste und kleinste Studio. Ursprünglich war geplant, Studio A nur für Original-Anime zu verwenden. Das übernahm dann Studio B mit RahXephon. Der erste Anime bei Studio C war die 2003er-Adaption von Fullmetal Alchemist, die Filmfortsetzung Der Eroberer von Shamballa wurde zunächst Studio A zugeteilt und dann wieder Studio B.
Die Verteilung der Projekte erfolgt nach Verfügbarkeit. Studio E war mit der Produktion von Metallic Rouge beschäftigt, und Studio F arbeitet momentan an einem Projekt, dessen Ankündigung im Laufe des nächsten Jahres erfolgen wird.
Werden diese Studios wirklich A bis F genannt, oder gibt es intern andere Bezeichnungen, wie zum Beispiel „Studio Watanabe“?
Auch intern nennen wir die Studios so. Der Grund ist relativ einfach: Die beteiligten Mitarbeiter arbeiten auch an anderen Projekten mit, und es wäre problematisch, wenn man ein Studio nach einer Person benennen würde, die aktuell dort gar nicht beschäftigt ist.
In einem Interview aus dem letzten Jahr hat Minami-san erzählt, dass Original-Anime wichtig sind, um die Kreativität der Animatoren zu fördern, auch wenn sie finanziell nicht rentabel sind. Stimmen Sie ihm zu?
Ich teile die Ansicht von Minami-san. Als ich damals zusammen mit Minami-san und Ōsaka-san Studio BONES gegründet habe, wollten wir unbedingt Anime produzieren, die keine Vorlage haben. Ein Ergebnis davon waren Wolf’s Rain und das bereits erwähnte RahXephon. Fullmetal Alchemist war dann der erste Titel mit einer Mangavorlage. Im Laufe der Zeit wurden es dann immer mehr Anime mit einer Vorlage, da das Risiko, dass der Titel ein Flop wird, relativ gering ist.
Original-Anime haben oft Fragezeichen hinter sich: Wird es erfolgreich? Werden die Animefans den Titel mögen? Wenn es möglich ist, möchte ich immer bei Original-Produktionen involviert sein, da ich die kreative Herausforderung sehr schätze.
Im Westen hört man oft von den schwierigen Arbeitsbedingungen junger Animatoren. In Japan selbst gibt es Organisationen wie das Animator Dormitory, die den Menschen helfen. Wie sehen Sie das Thema?
Ich weiß, dass im Internet viel über die schwierigen Bedingungen geschrieben wird. Meiner Meinung nach sind diejenigen, die sich oft lautstark beschweren, diejenigen, die noch nicht gut genug sind. Wenn sie ihre Fähigkeiten verbessern würden, hätten sie auch mehr Zeit für ihre Aufgaben und würden mehr Geld verdienen. Das ist aber wirklich meine eigene, persönliche Meinung, unabhängig von Studio BONES.
Wenn ich so darüber nachdenke, finde ich sogar, dass die Bedingungen heute weitaus besser sind als in der Vergangenheit. Die Regierung hat arbeitstechnisch sehr viel reguliert, was Überstunden und Ähnliches angeht. Selbst wenn du die Nacht durcharbeiten und Bilder zeichnen möchtest, dürftest du das gar nicht. Natürlich kann man das negativ sehen, dass solche Regulierungen überhaupt nötig waren. Andererseits führen sie zu den notwendigen Veränderungen.
Mittlerweile erhalten die Animestudios weitaus mehr Budget und vor allem Zeit. Also ich finde, dass es besser geworden ist.
Wie stark ist Studio BONES aktuell mit Projekten ausgelastet?
Natürlich darf ich nicht zu viel verraten, aber wir sind aktuell bis 2026 und sogar 2027 ausgebucht. Das einzige Problem ist, dass wir Schwierigkeiten bekommen könnten, wenn ein Titel so erfolgreich wird, dass unbedingt eine Fortsetzung produziert werden muss. Vielleicht müssen wir dann ein weiteres Studio eröffnen oder mehr Personal einstellen. *lacht*
Es hat nicht nur Vorteile, so ausgelastet zu sein.
Vielen Dank für das Interview und die ausführlichen Antworten zu meinen Fragen, Kawamoto-san.
Auch ich muss mich bedanken. Das waren tolle und interessante Fragen. Definitiv mal etwas anderes. *lacht*
Ich hoffe, euch hat das Interview gefallen. Vielen Dank auch an Crunchyroll, dass ich vor Ort die Möglichkeit bekommen habe, dieses Interview zu führen. Schaut das letzte Werk von Studio BONES, Metallic Rouge – nur auf Crunchyroll!
Interview geführt von: Steven Rettka Dolmetscherin: Dr. Verena Maser