Mit The Legend of Heroes: Trails in the Sky – First Chapter bringt der japanische Entwickler Nihon Falcom ein Remake des 2004 erschienenen JRPG-Klassikers. Ob die Modernisierung gelungen ist, zeigt der Test.
Publisher GungHo hat für diese Review ein Key zur Verfügung gestellt.
Wozu ein Remake?
Bevor es zum eigentlichen Test geht, müssen wir zunächst klären: Wieso braucht Trails in the Sky überhaupt eine Neuauflage? An der Verfügbarkeit kann es nicht liegen, denn das ursprünglich 2004 erschienene Spiel hat – zugegeben, mit einigen Jahren Verspätung – auch den Weg in westliche Gefilde gefunden. So erschien die PC-Version erst 2014, ganze zehn Jahre später.
Auch ich hatte 2016 meinen ersten Kontakt mit der Spielereihe, die sich schnell in mein Herz schloss. Bis auf die vielen Texte und Dialoge, die komplett auf Englisch waren, ist vor allem das rundenbasierte Spielsystem mit seinen Kniffen rund um Orbs und Angrifstechniken für mich zeitlos geblieben. Trails in the Sky: 1st Chapter, so der neue Name des alten Spiels, lässt sich auch 2025 hervorragend spielen.
Nun haben wir aber Trails in the Sky: 1st Chapter in überarbeiteter Form. Komplett modernisiert, hebt Nihon Falcom den Beginn der über 13 Spiele (und über 1000 Spielzeit) umfassenden Saga auf ein neues Level. Das begeistert nicht nur alteingesessene Fans, sondern ermöglicht auch Neuankömmlingen, die mit der altbackenen Optik bisher wenig anfangen konnten, einen einfachen Einstieg. So jedenfalls das bisherige Medienecho.
Die ultimative Spiel-Reihenfolge von The Legend of Heroes findet ihr hier
So modern ….
Und keine Frage: Man merkt sofort, dass es sich nicht um ein liebloses HD-Remaster handelt. Ja, die größte Änderung betrifft die Optik, aber auch unter der Haube wurde viel angepasst.
- Optik
Im Vergleich zum Original gibt es hier wohl den größten Sprung: vom klassischen isometrischen 2,5D-Stil hin zum modernen Look der jüngeren The Legend of Heroes-Ableger. Im Vergleich zum kürzlich erschienenen Trails of Daybreak II wirkt die Optik stimmiger, ohne den Charme des 2004er-Spiels zu verlieren. Wer moderne JRPGs kennt, findet sich sofort zurecht.
Und man muss es betonen: Den Entwicklern war es wichtig, ein besonderes Remake zu erschaffen. Zwischensequenzen gewinnen durch neue Perspektiven einiges an Dynamik, Comedy-Szenen sitzen dank verbesserter Mimik und Gestik noch besser. Generell ist es ein Highlight, bekannte Szenen nun in 3D zu sehen. Nihon Falcom nutzt die Möglichkeiten verschiedener Kameraperspektiven gekonnt aus.
- Überarbeitetes Kampfsystem
Auch das Gameplay hat eine moderne Anpassung erfahren. Während das Magiesystem mit seinen mehrstufigen Orbs und Verbesserungen unangetastet blieb, wurden Echtzeit-Angriffe mit Ausweichmöglichkeiten ergänzt. So könnt ihr mit zwei verschiedenen Angriffen Schaden austeilen und ausweichen, um dann auf Knopfdruck in den rundenbasierten Modus zu wechseln.
Manch einer hätte sich gewünscht, dass das alte Kampfsystem bestehen bleibt. Doch die Designentscheidung ist nachvollziehbar: Spieler, die mit Trails through Daybreak I und II eingestiegen sind, sollen nicht verprellt werden.
- Viele Quality-of-Life-Features
Keine Frage: Das 2004er-Original ist auch heute noch gut spielbar. 1st Chapter orientiert sich an den Standards der neueren Trails-Spiele und ermöglicht nun etwa Outfit- und Accessoire-Anpassungen. Außerdem gibt es abseits der klassischen Achievements neue Ingame-Belohnungen, die den Spielfluss erleichtern.
Auch das Schnellreisesystem wurde erheblich ausgebaut, was Backtracking deutlich reduziert. Eine große Neuerung: Auf der Minimap werden nun direkt Truhen und Secrets angezeigt, sobald man ein Gebiet betritt. Früher war man dafür auf Guides oder pixelgenaues Absuchen angewiesen. Manche mögen das zu einfach finden – für mich ist es ein Segen.
Da diese Hilfe auf alle Missionstypen angewandt werden, verlieren manche Rätsel an Reiz. Eine Option zum Deaktivieren wäre wünschenswert. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau.
Das Kochsystem bietet außerdem passive Boni, und Monsterkämpfe liefern automatisch Informationen zu Gegnertypen, ohne dass man diese erst analysieren muss. War die Spielwelt damals durch viele Ladebildschirme zerstückelt, hat man nun eine deutlich zusammenhängendere Karte. Die wenigen Ladezeiten, etwa beim Betreten von Gebäuden, vergehen im Flug.
Ein weiterer großer Pluspunkt: Endlich gibt es deutsche Texte! Nun gibt es eigentlich keinen Grund mehr, nicht in die riesige Spielwelt mit all ihren Charakteren und Events einzutauchen. Die englische Lokalisierung war schon berüchtigt für ihren Umfang, der stets lange Veröffentlichungszyklen bedeutete. Dass Nihon Falcom hier liefert, lässt hoffen, dass auch künftige Remakes deutsche Texte bieten.
… und doch so alt
The Legend of Heroes steht 2025 vor allem für eines: massives Worldbuilding mit unzähligen Charakteren, Fraktionen und Regionen. Nihon Falcom setzte damals stark auf „Tell, don’t show“ – was viel Lore ermöglicht, den Spielfluss aber verlangsamte. Gerade die Einführungsspiele der jeweiligen Sagen leiden oft darunter, dass erzählerische Höhepunkte erst spät zünden, nur um dann in einem Cliffhanger zu enden.
Auch im Remake gilt: Wer ein Action-Feuerwerk erwartet, braucht Geduld. Das Spiel nimmt sich viel Zeit, Figuren und Events aufzubauen. Die Liberl-Saga umfasst vier Teile und begleitet die Junior-Bracer Estelle und Joshua Bright auf ihrem Weg von Neulingen zu respektierten Helden.
Eine fast perfekte deutsche Lokalisierung
Noch ein Wort zu den deutschen Texten: Diese sind solide, aber nicht fehlerfrei. Man sollte dankbar sein, ein solches Text-Monster auf Deutsch spielen zu können, dennoch gibt es Ausreißer. Dazu zählen ungewohnte Eindeutschungen von Techniken, ungeschickte Übersetzungen wie „Großer Bruder/Schwester“, kleinere Rechtschreibfehler oder Sätze, die im Kontext keinen Sinn ergeben. Hier bleibt zu hoffen, dass zukünftige Patches nachbessern.
Dass solche Fehler auffallen, ist umso ärgerlicher, denn abseits davon ist die deutsche Lokalisierung herausragend geschrieben. Viele Interaktionen – etwa zwischen Estelle und unserem Lieblingsbarden Olivier – sind so gut, dass ich mehrmals laut lachen musste.
Ein rundes Remake für alte und neue Fans
Ihr merkt: Ich hatte richtig viel Spaß mit Trails in the Sky 1st Chapter. Auch wenn ich dem Spiel dank des aktuellen Remake-Trends eher skeptisch gegenüberstand, war diese Skepsis nach wenigen Spielstunden verschwunden. Man hat das Spiel an vielen Punkten modernisiert, ohne auch nur ein bisschen vom Charme des Originals zu verlieren. Diese Balance schaffen nur wenige Neuauflagen.
Ja, das neue Kampfsystem mag manchen sauer aufstoßen. Und dass sich das Original immer noch hervorragend spielen lässt, könnte die Frage aufwerfen, ob es das Remake überhaupt braucht.
Dennoch: Nicht umsonst gilt Trails in the Sky für viele Serienfans als eine der besten Sagen innerhalb von The Legend of Heroes. Was schon 2004 bzw. 2011 begeisterte, funktioniert auch heute noch – erzählerisch wie spielerisch besser denn je. Ein zeitloses Werk und ein Muss für jeden JRPG-Fan.

Pro
- JRPG-Klassiker im neuen Gewand
- Modernes Spielgefühl
- Gelungene 3D-Anime-Optik
- Grandioser Soundtrack
- Endlich deutsche Texte
- 40 bis 50 Stunden Spielzeit
- viele QoL-Feautures geben Mehrwert
- Vier Schwierigkeitsgrade; jederzeit änderbar
Contra
- Erzählerisch sehr langsam
- Backtracking
- Grindlastig
- Einige Übersetzungsfehler
- Nicht alles synchronisiert (JP/EN)
- Hilfen lassen sich nicht deaktivieren